Wer korrigierte wann die falschen Zahlen im Lagebericht der “SWSee”?
von Stef Manzini (Kommentare: 0)
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- Wird nun aus einer Petitesse ein Politikum?
- Regierungspräsidium Tübingen nimmt Prüfungen auf.
- Überlingens OB Zeitler und GF Bürkle vom ”Stadtwerk am See” müssen sich unangenehme Fragen gefallen lassen.
- Soll die Öffentlichkeit hinters Licht geführt werden, oder ist alles nur ein bedauernswerter Irrtum?
- Stadt Überlingen und Aufsichtsrat Christoph Högel mit Erklärungsversuchen.
Haben sie nun, oder haben sie nicht? Was? Gemauschelt? Was sonst soll der aufmerksame Beobachter davon halten, dass die im Lagebericht 2024 des ”Stadtwerk am See” (SWSee) enthaltenen falschen Zahlen im Nachhinein offensichtlich korrigiert wurden- es jetzt aber niemand getan haben will. Nochmals zurück auf Anfang. Zur Erklärung: Der Lagebericht ist kein Teil des Jahresabschlusses, sondern eine gesetzlich vorgeschriebene Ergänzung und ein eigenständiges Rechnungslegungsinstrument. Er wird gemeinsam mit dem Jahresabschluss veröffentlicht, um ein umfassendes Bild der Unternehmenslage zu vermitteln. Jahresabschluss und Lagebericht müssen zwingend dem Gemeinderat vorgelegt werden, um Entlastung erteilen zu können.
Bei der Durchsicht der Unterlagen zum Jahresabschluss 2024 war dem Überlinger Stadtrat Thorsten Peters (AfD), wie es scheint als einzigem, aufgefallen, dass sich bei der Kapitalflussrechnung Zahlen aus dem Vorjahr 2023 in die Tabelle des aktuellen Lageberichts ”gemogelt” hatten. Thorsten Peters thematisierte das am 28. Juni 2025 als Gastautor in der Rubrik ”Aufgetischt, aus dem Gemeinderat Überlingen” im Artikel von stattzeitung.org: “Überlingen holzt den Röschenwald ab”. An und für sich eine Petitesse, wie Peters in seinem zweiten Artikel zu diesem Thema “Still und heimlich”, ebenfalls in stattzeitung.org schrieb: ”Es ist eine Petitesse, die eigentlich nicht der Rede wert wäre, wenn sie nicht aufgezeigt hätte, dass sich offenbar niemand im Aufsichtsrat gründlicher damit befasst hat, wie es eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre.” Peters hätte diesbezüglich einen Hinweis wie beispielsweise den folgenden für angebracht gehalten: ”Hier zur Information die korrekte, aktuelle Kapitalflussrechnung nachgereicht”, schrieb er in diesem Artikel.
Von Überlingens Oberbürgermeister Jan Zeitler wurde Stadtrat Peters aufgrund seiner Nachfragen an den Geschäftsführer der SWSee Alexander-Florian Bürkle darauf hingewiesen, hier nicht den ”Oberkontrolleur” spielen zu sollen, denn das sei er (Zeitler) ja schließlich mit langer Erfahrung selbst. Dem OB war's aber auch ”durchgerutscht”.
Kann man es also schlicht als einfach falsch abtun, wenn in einem Lagebericht im Rahmen des Jahresabschlussberichts von Überlingens Energieversorger ein ”Zahlendreher” drin ist, so wäre es jedoch eine Fälschung, wenn die korrekten Zahlen im Nachhinein einfach eingefügt werden- und mit der (kopierten?) Unterschrift des Geschäftsführers Alexander-Florian Bürkle versehen würden. Das korrigierte ”Exemplar” des dann ”richtigen” Dokuments stellte man, so hat es den Anschein, sodann wieder mit Unterschrift Bürkles online zur Verfügung. Das alte mit den falschen Zahlen verschwand einfach. Das geht nicht, und bei dem Stadtwerk am See handelt es sich auch nicht um einen x-beliebigen Hasenzüchterverein (Verzeihung an alle Hasenzüchtervereine).
Dass der Link zum fehlerhaften Lagebericht kurz nach Veröffentlichung des betreffenden Artikels von Gastautor Thorsten Peters in stattzeitung.org verschwunden war, ist an sich schon komisch. Alles ist irgendwie komisch, denn obwohl wir weder Stadtverwaltung noch Stadtwerk eine böse Absicht unterstellen möchten, können wir uns des Eindrucks nicht erwehren, dass hier alles nur noch komischer wird. Die Erklärung von Oberbürgermeister Zeitler, so die Erinnerung von Thorsten Peters, in der Gemeinderatssitzung am 9. Juli, dass es nun sogar zwei verschiedene Varianten des betreffenden Berichts gegeben haben soll, eines in der Langversion die dem Aufsichtsrat vorliege mit den richtigen Zahlen, und eine kurze Version mit den falschen Zahlen klingt bestenfalls abenteuerlich. Zumal sie weitere Fragen aufwirft, zum Beispiel diese: Warum gab es überhaupt zwei Versionen, und wie soll nun ein Gremiumsmitglied wissen, ob sie/er die richtige Version in Händen hält?
Die Stadtspitze Überlingen antwortet jedenfalls auf eine dementsprechende Presseanfrage wie folgt: (Ausschnitt)
”Am 02. Juli 2025 hat uns das Stadtwerk am See darüber informiert, dass in der übersandten Anlage 4 – Lagebericht, auf Seite 17 in der Kapitalflussrechnung das Jahr 2024 fehlte. Gleichzeitig wurde eine korrigierte Anlage 4 mit der Kapitalflussrechnung 2023/2024 übersandt. Diese ist identisch mit dem Prüfbericht und damit dem tatsächlichen Jahresabschluss. Dieser Umstand macht eine erneute Beschlussfassung zu diesem Tagesordnungspunkt notwendig. Dies wird in der Gemeinderatssitzung am 30.07.2025 erfolgen. Die Änderung des Lageberichts im RIS (Ratsinformationssystem) wird derzeit von uns intern aufgearbeitet, warum die bestehenden Unterlagen im öffentlichen System getauscht wurden. Weitergehend werden bis zur Sitzung die nachgelagerten rechtlichen Schritte insbesondere Beschluss der Gesellschafterversammlung geprüft.”
Dazu schreibt uns ebenfalls auf Anfrage Christoph Högel, Aufsichtsrat des ”Stadtwerk am See” und der Vorsitzende der AfD-Gemeinderatsfraktion in Friedrichshafen, dem der Bericht auch vorgelegen hatte: (Ausschnitt)
”Am 26. Juni, wenige Tage vor der Ausschusssitzung des Finanz- und Verwaltungsausschuss (nachfolgend FVA) am 30. Juni, hat mich der Stadtratskollege Peters aus Überlingen darauf aufmerksam gemacht, dass in einer Anlage des Jahresabschlusses 2024 ein Fehler enthalten wäre. Dabei ging es um eine Anlage, genauer gesagt um eine Tabelle zur Kapitalflussrechnung. Ich habe dies sodann in den Unterlagen der kommenden FVA-Sitzung geprüft. Dabei stellte ich fest, dass die Tabelle aus dem Vorjahr stammte. Das Dokument mit der Kapitalflussrechnung wurde in den Unterlagen für die FVA-Sitzung allerdings mit Anlage 9 bezeichnet und war losgelöst von anderen Dokumenten und Anlagen des Jahresabschlusses. In der Aufsichtsratssitzung am 27.05.2025 haben wir über den Jahresabschluss 2024 diskutiert und befunden.
Ob der Fehler in den Original-Sitzungsunterlagen der Aufsichtsratssitzung vom 27.05.2025 enthalten war, kann durch mich nicht geprüft werden, da ich nicht nachweisen kann, wann die Unterlagen im Ratsinfosystem der SWSee hochgeladen wurden. Die aktuell hochgeladenen Unterlagen im System der SWSee zeigen diesen Fehler nicht.”
Am 30. Juni habe er (Högel) dem Herrn Fabian Müller (Erster Bürgermeister der Stadt Friedrichshafen, Kreisstadt Bodenseekreis, Anm. der Redaktion), das so mitgeteilt, mit der Bitte um Rückmeldung an die Geschäftsführung, sodass dies korrigiert werden kann.
stattzeitung.org schickte eine Nachfrage an die Pressestelle der Stadt Überlingen und konstatierte, dass die Ursprungsfrage eigentlich gar nicht beantwortet sei. ”Wer hat was warum wann geändert”, wollten wir wissen, und wiesen die Stadt Überlingen darauf hin, das dies in einem Informationssystem doch per Mausklick ermittelt werden könnte. Wozu also die lange Verzögerung der ”Prüfung” bis zum 30. Juli, der letzten Gemeinderatssitzung vor den Sommerferien? Die Pressestelle Überlingen schreibt: (Zitat) ”Wie bereits dargelegt, wird der Vorgang derzeit intern geprüft. Sobald diese Prüfung abgeschlossen ist, werden die Ergebnisse im Zuge der gemeinderätlichen Beratungen selbstverständlich transparent gemacht und kommuniziert. Da die Angelegenheit am 30. Juli im Gemeinderat behandelt wird, möchten wir dem dortigen Verfahren nicht vorgreifen.”
Transparenz sieht aber doch anders aus. Will man hier im kleinen das nachmachen, was die Bundesregierung mit der ”Richterin” Frauke Brosius-Gersdorf vorhat? Das Gras wird gebeten über die Sache zu wachsen. Das Gras bitte.
Stadtrat Thorsten Peters hat jetzt eine Anfrage an das Regierungspräsidium in Tübingen gestellt. Immerhin scheint die ”Sache” doch von einiger Brisanz, wie sonst wäre zu erklären das der Referatsleiter für Kommunalaufsicht, Dr. Weber, an Peters antwortet, es würden in der ”Causa Kapitalflussrechnung” Prüfungen aufgenommen.
Um nun am Ende dieses Artikels eines nochmals ganz klar herauszuarbeiten: Es geht uns hier nicht um bösartige Unterstellungen, sondern lediglich um -zugegebenermaßen wichtige- Aufklärung. In derartig höchst offiziellen Dokumenten können tatsächlich Fehler passieren- aber es darf im Nachhinein nicht der Eindruck entstehen, man habe die dann einfach unter der Decke zurechtgebügelt. Durch solche Unschärfen (falls) entsteht das Gefühl, die Verwaltung einer Kommune darf etwas tun, was jedem Geschäftsmann -und sei es von einem noch so kleinen Unternehmen- nicht gestattet ist. Der Vorwurf der Manipulation steht jedenfalls im Raum, und er richtet sich an Oberbürgermeister Jan Zeitler (SPD) und an Alexander-Florian Bürkle, den Geschäftsführer des Energieversorgers ”Stadtwerk am See”. Im Übrigen ist es die vornehmste Pflicht der Journalisten Fragen zu stellen. Sollten die Antworten auf diese Fragen nicht zufriedenstellend sein, fragt man weiter. Was denn sonst?
Die Stadt Überlingen ist indirekter Anteilseigner des SWSee, und erhält Gewinnausschüttung.
Hier der Auszug aus dem Lagebericht Seite 18 des Stadtwerks am See GmbH und Co. KG Überlingen mit Unterschrift von GF Alexander-Florian Bürkle.
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