Der Merkel-Orgasmus.
von Stef Manzini (Kommentare: 2)
Waren Sie gestern Abend mit dabei? Bei Angela Merkel? Nach dem Besuch im Deutschen Theater in Berlin war die Kanzlerin gestern bei uns allen im Wohnzimmer. Das war schon mal wie Weihnachten.
Maybrit Illner stellte 60 Minuten lang kritische Fragen- und Mutti kuschelte die für uns alle zurecht. Das schafft niemand außer der Kanzlerin. In die Nähe dieses ganz besonderen Wohlfühlmoments im Abendprogramm der Öffis bringt uns sonst nur Guido Maria Kretschmer mit Lenor. Die Kunst besteht darin, das Glück in den Alltagsmomenten zu finden, säuselt der Modedesigner mit der schönen Stimme, und dafür gibt es in Deutschland Lenor- und es gibt Merkel.
Putin, Pipeline, Wirtschaft, Windkraft, war da was? Und vor allem komme, was da wolle!
Mutti hat alles richtig gemacht- und würde das auch heute noch so tun. Wir würden uns wohlfühlen in Lenor- trotz Krieg. Wir brauchen keine Atomkraftwerke, auch wenn die Strompreise durch die Decke gehen, uns wird's wohlig warm ums Herz, wenn wir sie da so sitzen sehen. Unsere Wunderwaffe, Angela Merkel. Schenken Sie doch zu Weihnachten einmal etwas Zuversicht. Freiheit auf 700 Seiten, nicht mehr und nicht weniger. Bringen Sie Kinderherzen zum Leuchten.
Wie unsere Angi da sitzt, im bonbonroten Blazer, immer gleiche Hose, gleiche Föhnwelle. Merkel-Raute. Ein Bild für die Ewigkeit. Ein Sinnbild der Tristesse? Nein, das nennt man Kontinuität. Und die brauchen wir. Bei allem, was Merkel nun vorgeworfen wird von den vorlauten Rotzlöffeln wie diesem Jens. Setzen sechs, sagt sie gar nicht, aber man möchte ihr sofort zustimmen. Das genau ist ihr Geheimnis. Und dann dieser Friederich. Ganz Deutschland kann sich vorstellen, dass der kleine Frieder durch jede Pore und in jeder Minute seines Lebens nur eines ausschwitzt, den kalten Angstschweiß des Versagens vor der Übermutter. Was Frieder will: Mutti soll loben. Doch das tut sie nicht. Kalt und gewohnt zahnlos lächelnd sagt das Abbild von Ruhe und Gelassenheit: ”Ich gönne ihm das.” Was? Glück? Unglück? Sie lässt das offen, und das ist sie, Merkels Wunderwaffe, die Kraft, die stets das Gute will...
Und dann ist er plötzlich da: dieser unvergleichliche Moment. Dieser kollektive Orgasmus, den ein ganzes Volk nur erlebt, wenn Mutti sagt: ”Wir schaffen das”. Arbeitsplätze, Krise, Krieg? Das deutsche Volk hat Mutti Merkel- und stöhnt bei all der Last, die es in drei Jahren Merkel-Entzug erlebt hat, jetzt endlich gemeinsam befreit auf. Wir schaffen das!
Jaaaaaaa. Aaaaaahh.
Na klar, was denn sonst? Wer hat je was anderes gedacht? Ich mag Merkel. Für mich ist sie unverbrüchlich verbunden mit Frieden, Wohlstand und einer deutschen Gelassenheit, die das Gegenteil von dem ist, was ich jetzt erlebe. Gute Laune und das gute Gefühl, dass alles in Ordnung ist, auch wenn vor mir die Brücke wegbricht. Da steht sie und formt ihre Raute. Was braucht es mehr? Und brat mir doch einer 'nen Storch, alle erklären jetzt Mutti sei schuld an dem Debakel, das wir ohne sie erleben. Pah. Eine Brücke stürzt eben nicht ein, wenn Mutti das nicht will. Ein Putin macht keinen Krieg, wenn Mutti sagt, es gibt keinen Krieg- und ein Trump kann aussehen wie er will und machen, was er will. Wir haben bunte Blazer und Raute- was kümmern uns da Zölle.
So wie sich Angela Merkel in drei Jahren, eigentlich in den letzten 20 Jahren, keinen Deut verändert hat, so bleibt auch die Zeit für mich stehen. Herzilein, wenn du nur dran glaubst, schmeichelt es mir klar und deutlich aus dem Fernsehapparat. Also muss das stimmen. Ich bin klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Mutti Merkel allein.
Und was ist die Formel, die das Land jetzt wieder nach vorne bringt: Wir schaffen das! Mutti erklärt uns die Welt. Damals war es richtig, die Menschen ins Land zu lassen. Hätten wir denn Wasserwerfer auf sie richten sollen, fragt die ewige Kanzlerin? Na ja, die richten wir halt auf ”Covidioten”, mit denen kann die Polizei auch üben (kleine Anmerkung, ich schweife ab).
Und da ist es. Achtung. Aufgepasst: Die Osterruhe wegen des kleinen Covids, die war falsch, räumt Mutti im Zweiten Deutschen Fernsehen vor ihrem Millionenpublikum ein.
Ahhhhhh. Kleiner Orgasmus. Diese Größe! Dieses Bildnis an Selbstreflexion.
Schluss. Genug. Alles andere war richtig, wichtig- und ja, Sie ahnen es: alternativlos. Die Geburtsstunde der AfD, fragte die Fernsehmoderatorin? Wir sollen die Sprache der AfD nicht übernehmen, sagte die Allmacht mit der Raute. Ähm, die AfDler sprechen doch meist Deutsch, oder?
Jetzt schmeißen wir die Menschen wieder raus, jedenfalls die nicht arbeiten wollen- und noch schlimmer, die kriminell sind. Wir schaffen das! Ätschi-Bätschi. Hat sie aber gar nicht gesagt, unsere Angi. Sie schreibt, wir Deutschen haben immer noch eine Bringschuld gegenüber Migranten. Da könnte man ja anderer Meinung sein als sie, aber andere Meinungen stören Mutti nicht. Nicht die von Staatsmännern, Politikern und nicht die Meinung eines ganzen Volkes. Vielleicht könnte man ihr das als kleine Schwäche auslegen, aber andersrum betrachtet ist es auch wieder eine Stärke. Ich lasse mir meine Angi-Illusion nicht rauben. Aneinander rummäkeln sollen die Jungs, die gelben, grünen, roten, schwarzen... Mutti bleibt die Konstante. Der Fels in der Brandung der tosenden Stürme, oder der Fels in der Dauerflaute. Der Anker in wilder See, die sich mit Lenor schnell wieder flauschig-weich anfühlt- und zwar schon bei niedrigen Temperaturen. Es gibt niemanden, nicht in Russland, Amerika oder in Indien, nur in Thüringen, vor dem Mutti Merkel sich fürchtet. Ihr Ruhm erklingt nicht nur unter den Völkern der Welt, sondern auch bei den Vögeln der Lüfte, und den Tieren der Berge.
Weg mit den lästigen Fakten, die uns stören, hinfort mit dem Unbill einer Realität, die es für Merkel und mit Merkel nicht gibt. Wohlfühlmomente unterm Weihnachtsbaum gibt's im Buchladen um die Ecke. Mit 40 Euro sind Sie dabei. Freuen Sie sich auf einen Orgasmus mit der ganzen Familie unterm Weihnachtsbaum.
Oder andersherum... wer will den schon. 😊
s!!z-Buchtipp:
Merkels-Märchenstunde “Freiheit” gibt’s für 40 Euro im Buchhandel.
Freie Presse, Journalismus mit Rückgrat gibts jeden Tag bei stattzeitung.org
Über Ihre Unterstützung freuen wir uns!
Begleiten und unterstützen SIE bitte wohlwollend unsere „unabhängige Schreibe“. Journalistische Arbeit hat ihren Wert und einen Preis, daher freue ich mich besonders das dennoch NIEMAND bei stattzeitung.org vor einer Bezahlschranke landet! Unsere Information soll für JEDE und JEDEN gleichermaßen zugänglich sein. Wir tun dies im Vertrauen darauf, breit getragen zu werden.
Unterstützen Sie bitte per Überweisung:
!!ACHTUNG NEUE BANKVERBINDUNG WIE FOLGT:
IBAN: DE49100100100430520105
BIC: PBNKDEFFXXX
Bank: Postbank Berlin
Kontoinhaber: Stef Manzini
Verwendungszweck: „Schenkung“
Oder per PayPal:
Oder per Patenschaft:
Patenschaft
Danke!
(eingetragener Künstlername)
Der abgeschickte Kommentar wird vom Autor nach Prüfung veröffentlicht und gegebenenfalls beantwortet. Dies kann, je nach vorhandenen Ressourcen, einige Zeit dauern. Wir bitten um Verständnis. Ab sofort stellen wir Ihnen unsere Rubrik "Kommentare“ auch ohne Ihren Klarnamen zur Verfügung. Wir möchten damit zu einer lebhaften Diskussion beitragen. Dabei verstehen wir ein erhöhtes Bedürfnis nach Schutz, möchten aber sehr herzlich darum bitten, auf persönliche Diffamierungen und krudes Gedankengut zu verzichten. Wir behalten uns vor, Kommentare zu veröffentlichen, oder nicht zu veröffentlichen.
Kommentare
Kommentar von Markus Meder |
Liebe Stef,
großartig geschrieben, Chapeau!
Kleiner Geschenktipp zu Weihnachten, der absolut lesenswert ist:
Peter Hahne "Ist das Euer Ernst?! Aufstand gegen Idiotie und Ideologie"
Dann mal frohes Fest ;)
Kommentar von Thomas Mantel |
Liebe Stef,
ich habe herzlich gelacht über dein humorvolles Märchen zu unserer kollektiven Übermutter Angelika Merkel.
In diesem Sinne wünsche ich dir eine schöne Advents- und Weihnachtszeit.
Sei herzlich umarmt und gedrückt,
Thomas, ein großer Verehrer 🌹😁🌈
Einen Kommentar schreiben