Weihnachten 2023
von Redaktionsteam (Kommentare: 1)
Dr. Fee Friese und Stef Manzini
Weihnachten 2023 ist kein friedliches Weihnachten, jedenfalls nicht, wenn man über den eigenen Tellerrand hinausblickt. Wir dürfen uns aber ein friedlicheres Weihnachten für das kommende Jahr wünschen. Bereichernd in all dem Elend, was wir um uns herum sehen, ist die Tatsache, dass zu aller Zeit auch in finstersten Nächten bereits die Morgenröte des heraufziehenden Tages sichtbar wird. Zu allen Zeiten, auch im großen Weltkrieg, haben sich die Menschen FROHE WEIHNACHTEN gewünscht, und Zeichen der Mitmenschlichkeit gesetzt. Diese sichtbaren Zeichen sind so wichtig für einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. Lesen Sie, liebe stattzeitungs-Leser, hier die Weihnachtsgeschichte unserer sehr geschätzten Gastautorin, der Soziologin Dr. Fee Friese. Auch eine weitere Geschichte, die Sie in den nächsten Tagen erwartet, wird sich mit dem Miteinander unserer östlichen Nachbarn beschäftigen. Ja, es sind schwere Zeiten, aber Initiativen wie diese lassen uns den Blick nicht davon abwenden, dass wo Leben ist auch Hoffnung besteht. Richten wir also gemeinsam unseren Blick auf die Hoffnung, die der Mensch gewordene Gott in der Krippe uns verheißt. Das ist wahrlich nicht einfach in Zeiten, in denen der Name Gottes in jeder Sprache als Erlaubnis zum Töten missbraucht wird. Wir wollen es dennoch versuchen, es gibt dazu keine Alternative.
Das gesamte stattzeitungs-Team wünscht Ihnen von ganzem Herzen eine besinnliche Weihnacht, denken wir an die Freunde und Mitmenschen, die krank sind, frieren, vor Kugeln fliehen, von irren Attentätern sinnlos niedergemetzelt werden, oder zu Unrecht in Gefängnissen schmachten- wir wollen diese Menschen bei aller eigenen Behaglichkeit in unsere Bitten um eine bessere Zukunft miteinbeziehen. FROHE WEIHNACHT!
Weihnachten in Krieg und Frieden
Wenige Menschen werden bisher den Gobelin in der kleinen Kapelle am Stadtrand von Meersburg gesehen haben, der über dem Altar hängt. Vielen dagegen ist das selbe Motiv als Reproduktion jener Zeichnung bekannt, deren Original als Leihgabe seit 1983 in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche hängt: die Stalingrad-Madonna. Der Arzt und Theologe Kurt Reuber zeichnete die Madonna mit Kind auf der Rückseite einer Landkarte Russlands für seine Kameraden zu Weihnachten 1942 im Bunker vor Stalingrad. "Als ich nach altem Brauch die Weihnachtstür, die Lattentür unseres Bunkers, öffnete und die Kameraden eintraten, standen sie wie gebannt, andächtig und ergriffen schweigend, vor dem Bild an der Lehmwand, unter dem auf einem in die Lehmwand eingerammten Holzscheit ein Licht brannte. Die ganze Feier stand unter der Wirkung des Bildes, und gedankenvoll lasen sie die Worte: Licht, Leben, Liebe", so beschreibt Kurt Reuber diesen Weihnachtsmoment in einem Brief an seine Frau.
Der Gobelin in der Meersburger Kapelle wurde von der russischen Künstlerin Elena Kikopule gewirkt. Sie hat die Stalingrader Madonna zum Zeichen der Versöhnung zwischen Deutschen und Russen gestaltet. Ihr Werk hängt dort seit Weihnachten 1978. Welch eine Geste! Eine Russin reicht die Hand zur Versöhnung, nachdem infolge des deutschen Angriffskrieges auf die Sowjetunion dort zwischen 25 und 28 Millionen Menschen gefallen, ermordet und verhungert sind. Der deutsche Arzt als Teil der Stalingrad belagernden 6. Armee und die russische Künstlerin, verbunden durch dieses anrührende Bild der Madonna mit Kind, der das zarte Kind schützenden Mutter. Seine Zeichnung wird umrahmt von den Worten Weihnachten 1942 im Kessel Festung Stalingrad - Licht, Leben, Liebe.
Beim Anblick der Zeichnung und im Wissen um ihre Geschichte empfinden Menschen Mitgefühl mit jenen Menschen, die damals Weihnachten im Bunker erlebten. Ja, es gehört zum Menschsein dazu, Mitleid mit Menschen zu haben, die leiden in Grauen des Krieges, auf der Flucht, an Hunger oder in Gefangenschaft. Ob als Zivilisten oder Soldaten, ob Soldaten der Besetzer und Soldaten des besetzen Landes, ob Mann, Frau oder Kind - unabhängig von ihrer Nation, ihren Herrschern oder von welcher Seite der Front. Und heute? Wo ist der Wunsch geblieben nach Verständigung und Frieden, für das die Madonna mit Kind, vor Stalingrad geschaffen, heute in Berlin und Meersburg zu betrachten, zum Symbol geworden ist? Wo bleibt die Menschlichkeit, wenn Mitgefühl für leidende Menschen abhängig ist davon, zu welcher Front sie gerechnet werden, welche Sprache sie sprechen? Für die einen ja, für die anderen nein? Für Menschen russischer Herkunft kein Mitgefühl?
Verständigung findet zwischen Menschen statt, in Begegnung, Austausch, Gesprächen, Kontakten wird das Menschsein des anderen als verbindende Gemeinsamkeit direkte Erfahrung. Versöhnung und Frieden im Bewusstsein, dass wir alle zu einer Menschheitsfamilie gehören. Doch wenn Austausch, Kontakte, gemeinsames Tun anrüchig, gefährlich, ja strafbar sind? Wenn mit Russen zu musizieren mindestens diskreditiert, wenn nicht gar verboten wird? Russische Künstler ausgeladen werden? Deutsche Künstler, die weiter zu ihrer Freundschaft mit russischen Künstlern stehen, zur Persona non grata werden.
Im Dezember schicken Russen Weihnachtskarten und Päckchen an Freunde und Verwandte in Deutschland. Wie alle Jahre zuvor auch. Ganz normal? Nein! Russen dürfen das nicht. Sanktionspolitik Weihnachtspakete aus Russland sind verboten. Der Zoll verhindert eine Weiterleitung. Menschen aus Russland, die weiter im Kontakt mit Menschen in Deutschland bleiben möchten, wird eine ganz einfache menschliche Geste verwehrt, Freude zu bereiten.
Und das an Weihnachten durch Deutschland, dem Fest des Friedens. 81 Jahre nach Entstehung der Madonna von Stalingrad.
Wer die Kapelle "Zum Frieden" einmal besuchen möchte, findet sie von der Meersburger Therme aus kommend links an der Töbelestraße, in Höhe der Fußgängerbrücke. Schauen Sie bitte hier.
Begleiten und unterstützen SIE bitte wohlwollend unsere „unabhängige Schreibe“. Journalistische Arbeit hat ihren Wert und einen Preis, daher freue ich mich besonders das dennoch NIEMAND bei stattzeitung.org vor einer Bezahlschranke landet! Unsere Information soll für JEDE und JEDEN gleichermaßen zugänglich sein. Wir tun dies im Vertrauen darauf, breit getragen zu werden.
Unterstützen Sie bitte per Überweisung:
IBAN: DE49100100100430520105
BIC: PBNKDEFFXXX
Bank: Postbank Berlin
Kontoinhaber: Stef Manzini
Verwendungszweck: „Schenkung“
Oder per PayPal:
Oder per Bitcoin:
Oder per Patenschaft:
Danke!
(eingetragener Künstlername)
Mit * markierte Felder sind Pflichtangaben zur Einreichung eines Leserkommentars, eine Angabe einer Webseite ist freiwillig möglich, aber nicht notwendig.
Der abgeschickte Kommentar wird vom Autor nach Prüfung veröffentlicht und gegebenenfalls beantwortet. Dies kann, je nach vorhandenen Ressourcen, einige Zeit dauern. Wir bitten um Verständnis. Ab sofort stellen wir Ihnen unsere Rubrik "Kommentare“ auch ohne Ihren Klarnamen zur Verfügung. Wir möchten damit zu einer lebhaften Diskussion beitragen. Dabei verstehen wir ein erhöhtes Bedürfnis nach Schutz, möchten aber sehr herzlich darum bitten, auf persönliche Diffamierungen und krudes Gedankengut zu verzichten. Wir behalten uns vor, Kommentare zu veröffentlichen, oder nicht zu veröffentlichen.
Kommentare
Kommentar von Michael Majovsky |
Liebe Fee,
eine sehr rührende Geschichte aus der Vergangenheit, die Du uns hier schilderst. Schlimm ist, dass sich die Geschichte immer wieder zu wiederholen scheint und die Menschen immer noch mitmachen. Ich wünsche Dir und Wolf, Stef und allen Mitwirkenden des Teams besinnliche Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr 2024. Schön wäre, wenn es noch viele weitere Paten für die stattzeitung.org gäbe, um unabhängigen Journalismus zu erhalten. Wer macht mit?
Einen Kommentar schreiben