Die Kuh ist kein Klimakiller

von Redaktionsteam (Kommentare: 0)

Michael von Lüttwitz und Stef Manzini

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  • Vortrag mit der Tierärztin und Buchautorin Dr. Anita Idel auf dem "Rengo" in Überlingen.
  • Grasfluren sind seit Jahrmillionen natürliche Kohlenstoffspeicher und Sauerstoffproduzenten.
  • Kühe und andere Wiederkäuer pflegen Grasfluren durch Beweidung.
  • Tiere als CO₂-Produzenten und Pflanzen als CO₂-Konsumenten leben in einem Kreislauf.
  • Diskussion um CO₂ bei der Kuh lenkt von den tatsächlichen Landwirtschaftsproblemen ab.

Die Kuh steht am Klimapranger, und das vollkommen zu Unrecht! Sagt die preisgekrönte Tierärztin, Buchautorin "Die Kuh ist kein Klimakiller" und Mitautorin des Weltagrarberichts Dr. Anita Idel. Warum stammen denn so viele Kulturen aus einer "Kuh-Kultur", wollte Idel von den rund 60 Teilnehmern einer Info-Veranstaltung im Überlinger Demeter Hofgut Rengoldshausen "Hof Rengo" wissen. Gemeint damit sind die Themen Milch, Fleisch, Arbeitstier, und aus evolutionsbiologischer Sicht die "Bodenbearbeitung" jener Tiere, die seit Jahrtausenden mit dem Menschen in einer fruchtbaren Koexistenz leben. Viele "Kuhbauern" waren unter den Zuhörern, dementsprechend geriet der Vortrag ziemlich fachspezifisch. Was aber wirklich jede und jeder sofort verstehen konnte, war die Dringlichkeit, mit der Anita Idel für die Rindviecher in die Bresche springt. Die Lehrbeauftragte an mehreren Universitäten brachte anschauliche Beispiele nach Überlingen mit, und das prägnanteste war wohl die Feststellung, dass man rund eine Woche nach einer Beweidung durch Mechthild Knösels "Kuhherde" auf der Weide des "Rengo" keine oder nur sehr wenige Kuhfladen finden würde. "Düngbiome", und in anderen Gebieten der Welt auch der in Deutschland seltene Pillendreher, ein Käfer der aus Dung Kugeln formt, aber auch andere Bodelebewesen sorgen für eine nützliche Verwertung der Hinterlassenschaft der großen Tiere. Menschen, die das seltene Glück haben einmal in Afrikas großen Weidegebieten gewesen zu sein, auf denen Hunderttausende Tiere grasen, werden die gleiche Feststellung machen. Das Grasland ist für die Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft "Kritische Tiermedizin" das größte und erfolgreichste Ökosystem auf der Erde. Gut platziert war der gehaltvolle Vortrag einer Vollblut-Aktivistin in Sachen "Tierwohl" und vehementer Verteidigerin der großen Bedeutung der "Rinder" auf dem "Rengo". Hier findet Dr. Anita Idel in der ambitionierten "Kuhfrau" Mechthild Knösel die perfekte Mitstreiterin.

Am 21. Dezember 2022 meldete die Tagesschau: "Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat angekündigt, dass die CCS (Carbon Capture and Storage)-Technik auch in Deutschland zum Einsatz kommen soll. Damit wird klimaschädliches CO₂ unterirdisch eingelagert."

Was Habeck auf teurem und fragwürdigem technischen Wege vor hat,  macht die Natur schon seit Jahrmillionen in naturverträglicher, also antitechnischer Weise  – eigentlich ab dem Zeitpunkt, an dem die Landpflanzen auftraten. Besonders Grasfluren - egal ob Savannen oder Steppen - sind extrem gute CO₂-Speicher, erstens als Pflanze an sich und zweitens durch die Kohlenstoffabgabe an den Boden, wo es eingelagert wird. Dieser hocheffektive Einlagerungsprozess hat seit 60 Millionen Jahren eine enorme Dynamik entwickelt.

Damit Grasfluren effektiv funktionieren, sind allerdings Graser (grasfressende Tiere) notwendig. Die Natur hat dabei Gräser und Graser, vor allem Wiederkäuer, in Co-Evolution über Jahrmillionen zu einer Symbiose wachsen lassen, wobei Tierwanderungen als eine entscheidender Faktor eine Überweidung unterbinden. Das Ziel der Natur ist bei den riesigen Grasfluren nicht lebenswichtiges CO₂ aus der Atmosphäre zu entziehen, sondern mit Hilfe des Kohlenstoffs eine fruchtbare humose Erde als Wachstumsgrundlage aufzubauen. Nicht umsonst sind frühere Steppen, wozu auch die nordamerikanischen Prärien gehören,  die Getreidekammern der Erde, denn die beweideten Grasfluren haben den wertvollen Humus entstehen lassen.

Büffel, Wisente, Auerochsen, Gnus und andere Wiederkäuer, aber auch alle anderen Grasfresser haben dafür ihren Beitrag geleistet, denn ihr Verbiss gibt der Graspflanze einen Wachstumsschub auf der einen Seite, auf der anderen Seite verhindert der Verbiss übriger Vegetation das Aufkommen von Verbuschung und Bewaldung. Strauchvegetation und Wald führen zwar auch zum Aufbau von Humus, aber  bei weitem nicht in der effektiven Form der Grasfluren.

In unserer Kulturlandschaft haben den Part der Büffel, Bisons, Wisente und Auerochsen das Hausrind und andere Wiederkäuer im Nutztiersektor übergenommen. Ihre zeitlich limitierte Beweidung der Grasflächen bei gleichzeitiger Kotabgabe fördert die Bodenfruchtbarkeit durch Humusbildung  – ein Effekt, der mittels Kunstdünger nicht ersetzt werden kann. Im Falle des künstlichen Phosphatdüngers kommt noch hinzu, dass er in etwa zwei Jahrzehnten zur Neige geht und obendrein stets an das Schwermetall Cadmium gebunden ist. Cadmium wird für gesundheitliche Schäden verantwortlich gemacht.

Umso wichtiger ist es, die Beweidung der Grasflächen durch Kühe zu fördern, denn sie liefern für die Gräser den bereits erwähnten Initialpunkt für eine gute Humusbildung. Aber anstatt die artgerechte Kuhhaltung zu fördern, werden für die nicht artgerechte Massentierhaltung Wälder und Grasfluren vernichtet, um Getreide, Mais und Soja als Futterpflanze anzubauen, welche die Kuh gar nicht braucht und die nur gesundheitliche Probleme in vielfältiger Weise verursachen. Des Profits wegen wird die Kuh in ein nicht artgerechtes Haltungs- und Fütterungskonzept gezwängt - sozusagen zur Sau gemacht - und im aufgekommenen und politisch geförderten CO₂-Wahn auch noch als Kohlendioxid-Ausscheider verteufelt. Weil die Verantwortlichen für diese ungerechte und unentschuldbare Verdammung der Kuh inzwischen gemerkt zu haben scheinen, dass sie mit CO₂ bei der Kuh nicht so recht weiterkommen, wurde bei der Stimmungsmache gegen die Kuh vom Kohlendioxid aufs Methan umgestiegen.

Auf die Schlüsselrolle der Kuh als regelrechte Landschaftspflegerin ging die Tierärztin Dr. Anita Idel bei ihrem Vortrag "Die Kuh ist kein Klimakiller! Oder die Potenziale nachhaltiger Beweidung" am 21. April 2023 auf dem Hofgut Rengoldshausen in Überlingen ein.  Sie präsentierte Ergebnisse und Schlussfolgerungen, Belege und Zusammenhänge zu den Fragen:

  • Wer frisst und veredelt das dauernde Grünland auf unserer Erde?
  • Ist die Haltung von Weidetieren noch zeitgemäß?
  • Welche Rolle spielen weidende Wiederkäuer für die derzeit fruchtbarsten Ackerböden, auf denen unsere Nahrung wächst?
  • Weidetiere – ein Schlüsselelement – auch in der Klimakrise?

Dr. Idel führte an, dass weltweit 70 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche Dauergrünland und 30 Prozent Ackerland ist. Durch den Verbiss der Gräser wächst das abgeweidete Gras besonders stark - sowohl ober- als auch unterirdisch. Über die Photosynthese wird dank der Sonne und dem CO₂ der Atmosphäre Pflanzenmasse aufgebaut, die als Nahrung dient und zugleich über die Wurzeln den Boden mit Kohlenstoff versorgt, was zu ausgesprochen fruchtbarer Bodenkrume führt.  Dass das Graswachstum dank einer Beweidung so effektiv ist, liegt in der Biologie der Graspflanzen. Die Pflanze schiebt beim Wachstum die Halme aus der Basis nach oben. Bäume dagegen wachsen oben aus dem Spross heraus. Beweidung fördert das Graswachstum einerseits als Futterquelle und andererseits verbessert es maßgeblich die Bodenqualität.  Dr. Idel führte aus, dass weltweit die Graslandböden 50 Prozent mehr Kohlenstoff als Waldböden speichern, zumal Bodenbildung zu 80 Prozent aus Wurzelbiomasse erfolgt. Gräser verfügen als Feinwurzler über besonders viele Wurzelenden und damit über das größte Bodenbildungspotenzial und damit über das größte Kohlenstoffspeicherpotenzial. Derart entstandener Boden zeichnet sich durch erhöhtes Wasseraufnahme- und Speichervermögen aus.

Darin liegt das wesentliche Element der Kuhhaltung, wenn man ihren Nutzen für Milch, Fleisch und Arbeitsleistung einmal außer Acht lässt - so Dr. Idel. Ohne die Beweidung der Kuh bzw. der Wiederkäuer und anderer Graser hätten wir unsere fruchtbaren Ackerböden nicht, die allerdings durch die moderne Landwirtschaft mehr und mehr ihre Fruchtbarkeit verlieren. Auch wenn Kühe aus Profitgründen oftmals nicht mehr auf der Weide gehalten werden, imitiert die Mahd (Mähen von Gras im großen Stil) den Verbiss der Wiederkäuer, wodurch das Pflanzenwachstum gefördert wird. Stände die Kuh in der modernen Tierproduktion nicht im Stall, wäre die Graslandbewirtschaftung überflüssig - bestenfalls für eine lokale Biogasanlage noch rentabel. Die Kuh auf die Parameter CO₂- und Methanerzeuger zu minimieren, würde ihrer ökonomischen Bedeutung nicht nur nicht gerecht werden, sondern auch das Ökosystem gefährden.

Die Kuh hält die Almwirtschaft aufrecht, nicht bewirtschaftbare Hanglagen bleiben intakt und mit ihrem sogenannten goldenen Tritt wirkt sie obendrein der Erosion entgegen ohne den Boden zu verdichten, wie es bei maschineller Bearbeitung gang und gäbe ist. Durch Bodenverdichtung wird der Sauerstoffgehalt reduziert, was das Bodenleben massiv beeinträchtigt.

Worauf Dr. Idel nicht einging, ist die enorme Sauerstoffproduktion der Gräser, welche bei ihrer Verarbeitung von CO₂ zu Biomasse als "Abfall" anfällt. Die intensive Beweidung der Grasfluren ist somit ein Garant für die Sauerstoffproduktion, ohne die der Mensch und die Tierwelt nicht leben können. In dieser Hinsicht ist der CO₂-Ausstoß der Kuh nachrangig, zumal bislang die These des Kohlendioxids als Klima-Killer nur als Mutmaßung existiert, aber nicht bewiesen wurde. Daran ändert auch die ständige, manipulative Wiederholung der unbewiesenen These nichts, um sie als Wahrheit erscheinen zu lassen respektive verkaufen zu können. Auf dieser Basis schaffen sich der Staat und bestimmte Industriezweige immense Einnahmequellen auf Kosten der Bürger, die für etwas zahlen müssen, das dem Geist der CO₂-Profiteure entspringt.

Wird der CO₂-Gehalt der Atmosphäre in Parts per Million angegeben, so erfolgt die Methangehalt-Angabe in Parts per Billion, ist also in der Atmosphäre in solchen Mengen enthalten, dass dieses Faktum vernachlässigbar ist, zumal die Verweildauer des Methans in der Atmosphäre nur circa zwölf Jahre beträgt. Verwunderlich dabei ist, dass die CO₂- und Methan-Freisetzung beim Fracking oder der synthetischen Stickstoffherstellung für die "moderne" Landwirtschaft anscheinend nicht interessiert. Schon gar nicht von Interesse scheint das hoch schädliche Gas Schwefel-Hexafluorid zu sein, dessen Verweildauer in der Atmosphäre bei 3.000 Jahren liegt. Es wird beim Betrieb der Windräder für eine sogenannte ökologische Stromerzeugung freigesetzt.

Kühe als ein Produkt der Natur passen scheinbar nicht in das fortschrittsorientierte High-Tech-Zeitalter mit seinen klimaschädlichen Produktionstechniken, sofern man an die unbewiesene CO₂-These als Klimakiller glaubt. Unabhängig davon werden 96 Prozent des CO₂ von der Natur selbst produziert - vor dem Menschen waren es 100 Prozent - und 4 Prozent vom Menschen. Die Natur ist mit stark erhöhten CO₂-Gehalten im Vergleich zu heute in den vergangenen Erdepochen bestens ausgekommen, das Leben hat bei Flora und Fauna Höchstleistungen mit hohem CO₂-Gahalt gebracht, von denen man heute nur träumen kann.

Anstatt in der Landwirtschaft gegen die Kuh und andere Wiederkäuer wegen ihres CO₂- beziehungsweise Methanausstoßes ungerechterweise einen regelrechten Feldzug anzuzetteln, sollte man tatsächliche Probleme im Landwirtschaftssektor angehen. Nicht die Phantasiefeinde Kohlendioxid oder Methan, sondern Glyphosat (und andere Pestizide), Mikroplastik, Schwermetalle, Antibiotika und Hormone sind die tatsächlichen Feinde einer naturverträglichen Landwirtschaft. In nahezu jedem Nahrungsmittel sind diese modernen "Fortschrittsprodukte" zu finden - ebenso im Boden, im Wasser, in der Luft, in der Pflanze, im Tier und im Menschen. Sie zerstören nicht nur die Boden-, Luft- und Wasserqualität, sondern auch die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze sowie der lebenswichtigen Bodenmikroorganismen. Oder um es anders auszudrücken: Die moderne Landwirtschaft - forciert durch eine Lobbyisten-Politik und einer riesigen Industriebranche - führt einen Krieg gegen die Erde. Da kommt es nur recht, wenn eine unbewiesene Theorie von CO₂  und Methan von den tatsächlichen landwirtschaftlichen Problemen ablenkt. Idealerweise kann man mit der Pseudo-Diskussion um Kohlendioxid und Methan gleich zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen: Neben dem weiter laufenden Profit für angebliche moderne Landwirtschaftsprodukte kann man auch noch Profit aus einer Luftbesteuerung ziehen.

Dr. Anita Idel ist Tierärztin und Mediatorin. Zwei Jahrzehnte arbeitete sie als praktische Rindertierärztin in Deutschland und Frankreich. Sie ist Leadautorin des Weltagrarberichts und Lehrbeauftragte verschiedener Universitäten. Als leidenschaftliche Netzwerkerin ist sie Mitbegründerin u.a. der Arbeitsgemeinschaft "Kritische Tiermedizin" und des Gen- ethischen Netzwerks. Die Autorin des Buches "Die Kuh ist kein Klima-Killer" erhielt den Schweisfurth-Forschungspreis, den Salus-Medienpreis und den Nachhaltigkeitspreis von Neumarkter Lammsbräu. Sie ist weltweit zu Recherchen und Vorträgen unterwegs



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