Weidel. Überlingen und die Wärmepumpen.

von Stef Manzini (Kommentare: 1)

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  • Alice Weidel zweifelt an Wärmewende und Wärmepumpe.
  • Tageszeitung zweifelt an Aussagen der Bundestagsabgeordneten.
  • Immobilien-Experte zweifelt am neuen Heizungsgesetz.
  • Passauer Stadträtin zweifelt an Stromrechnung.
  • Eigentümer und Mieter tragen die zweifelhaften Folgen.
  • Bau- und Immobilienmarkt reagiert schon jetzt zweifelsfrei mit Abschwung.
  • Verunsicherung und Verzweiflung bringen die Betroffenen auf die Palme.

Die "Wärmewende" in deutschen Heizungskellern kam über Deutschland wie ein Tsunami. Was da aus Robert Habecks grünem Wirtschafts- und Energieministerium zu "Wärmepumpe" und energieeffizienter Sanierung mit einem durchgesteckten Paukenschlag im Frühjahr 2023 an die Öffentlichkeit gelangte, ist seither in aller Munde. Bis heute ist nicht geklärt, wer die Kosten des ab 2024 wirksam werdenden neuen "Heizungsgesetzes" zu tragen hat. Viel wurde seither seitens der Bundesregierung darüber gesprochen und dazu versprochen. Viel hin und her laviert- und immer wieder beteuert "man wolle sozial abfedern", wie das geschehen könnte, bleibt jedoch komplett unklar.

Glasklar ist bisher nur für Hausbesitzer, Wohnungseigentümer und Mieter, dass sie zur Kasse gebeten werden- und zwar kräftig. Das heizen mit erneuerbaren Energien ist per se nicht zu verurteilen, dass nun aber offenbar mit Stichtag funktionierende Heizsysteme in die strombasierte "Wärmepumpe" ersetzt werden sollen, und dazu die Gebäude aufwendig energieeffizient saniert werden müssen, stellt nicht nur Eigentümer sondern auch Mieter vor unlösbare Probleme- und bedroht ihre Existenzen.

Auch Dr. Alice Weidel die Bundestagsabgeordnete der AfD (Alternative für Deutschland) für den Bodenseekreis thematisierte in einem Video auf den sozialen Netzwerken die katastrophale Situation, in die Eigentümer und Mieter ihrer Meinung nach durch das neue "Heizungsgesetz" gestürzt würden. "Enteignung" und "Verarmung" sieht die Co-Vorsitzende der AfD auch über einige Bürger Überlingens hereinbrechen- und nannte dazu ein Beispiel aus der Bodenseestadt.

Grundlage für Weidels Beispiel aus Überlingen, einem Wohnkomplex mit rund 30 Einheiten aus den 1970-er Jahren, Sanierungskosten geschätzte 1,5 Millionen Euro, war eine Presseanfrage an die Politikerin von der stattzeitung.org, die ein Interview mit der Frontfrau der AfD plant. Aufgrund dieses Weidels-Videos forderte die Lokalredaktion des Südkurier den Pressesprecher der Bundestagsabgeordneten auf, ihr das Objekt und den Hausverwalter zu benennen. Das Büro von Alice Weidel sah keine Veranlassung, die Redaktion des Printmediums mit den gewünschten Informationen zu versorgen. Daraufhin erschien am 12. Mai 2023 ein zweifelhafter Artikel mit dem Titel "Zweifel an Alice Weidels Behauptung" in der Zeitung, in dem es ausschließlich darum ging, Weidels Aussagen in Zweifel zu ziehen.

"Die Politik eiert total herum, alle sind verunsichert und das wirkt sich bereits massiv auf den Markt aus", sagt zum neuen "Heizungsgesetz" ein hiesiger Immobilienmakler und Hausverwalter, der zum Schutz seiner Auftraggeber anonym bleiben möchte. stattzeitung.org kennt Namen und Anschrift des Experten, er ist seriös und glaubwürdig, und seit Jahrzehnten im Geschäft, nennen wir ihn einmal "Paul Sommer".

Der Immobilienfachmann erzählt beispielhaft von einem Gespräch, das er vor wenigen Tagen mit einer Hauseigentümerin in Überlingen geführt hat. Die Frau hat ein Hundertjahre altes 6-Familienhaus im Wert von circa einer Million Euro geerbt, es ist sanierungsbedürftig. Laut Aussage eines Heizungsfachmanns betrügen die Kosten der Umstellung auf regenerative Energien und die energieeffiziente Gebäudesanierung für das Objekt circa eine halbe Million Euro. Nach Abzug der Erbschaftssteuer und in Anbetracht der geringen Mieten, die in diesem alten Haus erzielt werden, geriete die Eigentümerin, so sagt "Paul Sommer": "Durch Robert Habecks Pläne sogar deutlich ins Minus bei ihrer Bank, das ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unmöglich." Würde die Eigentümerin sich aufgrund dieser staatlich verordneten Unsicherheit zum Verkauf ihres Eigentums entschließen, verlören ihre Mieter vermutlich ihre Wohnungen. Es ist kaum anzunehmen, dass ein zukünftiger Eigentümer dieses Objekt saniert. Eher Abriss. Es fehlt aber in unserer Region überall bezahlbarer Wohnraum, dafür nehmen die Mieter dieser Eigentümerin gerne den Altbau in Kauf.

Im Gespräch mit einem lokalen Unternehmer aus der Glasbau- und Sanierungsbranche wurde deutlich, dass es gerade in einer Stadt mit einer 750-Jahre alten Stadtgeschichte wie Überlingen am Bodensee, auch sehr viele Häuser gibt, die eine ähnliche Geschichte wie die vorhergehende erzählen können. "Was macht denn ein Erbe, der außer dem Haus kein weiteres Vermögen geerbt hat mit einer solch großen neuen Belastung? Sind die Leutchen zu alt kriegen sie gar keinen Kredit für so was", erklärt der Unternehmer.

Vor wenigen Jahren erst tauschte der Eigentümer eines Mehrfamilienwohnhauses in Überlingen von Öl auf Gas. Das galt noch 2019 als "gescheit", da günstiger und sauberer. Nun sieht er sich mit rund 1.000 Euro Sanierungskosten pro Quadratmeter, so ungefähre Schätzungen seines Energieberaters, konfrontiert. In dem alten Haus leben drei Familien, die Mieten sind sozialverträglich. "Wenn sich das für mich nicht mehr lohnt, muss ich verkaufen", sagt der Eigentümer. Man darf in Überlingen in guter Lage getrost davon ausgehen, dass an die Stelle dieses Wohnhauses dann ein weiterer "Millionärs-Bunker" gesetzt wird. Gemeint ist ein Wohnklotz mit Appartements vorzugsweise Ferienappartements für die "Upperclass", die das Stadtbild der einst freien Reichsstadt mittlerweile wesentlich prägen. Familien mit Kindern und Durchschnittsgehältern bleiben dabei auf der Strecke, das ist anzunehmen.

"Paul Sommer", der Immobilienfachmann und Hausverwalter berichtet auch von einer Eigentümerversammlung betreffend eines Hauses aus den 1970-er Jahren mit rund 30 Wohneinheiten in Überlingen. Auf die Wohnungseigentümer kämen insgesamt runde 1,5 Millionen Euro Heizungstausch- und Sanierungskosten zu, das habe er ihnen eröffnen müssen. Dazu könne man von einem Energieberater einen sogenannten SFP (Sanierungsfahrplan) erstellen lassen. Groß sei die Ratlosigkeit aber auch die Wut der Eigentümergemeinschaft gewesen über die "irren Pläne" der Bundesregierung.

Von den Gesamtkosten könnten höchstens bis zu 20 Prozent an die Mieter als Umlage weitergegeben werden. Der Löwenanteil bleibe an den Eigentümern hängen, erzählt "Sommer". Viele Mieter könnten sich aber auch diese 20 Prozent vermutlich gar nicht leisten, so der Verwalter. Was nun, fragt der Immobilien-Experte?

"Paul Sommer" kennt einen Energieberater aus dem Schwarzwald und sagt: "bei dem kriegt man Energie-Fahrpläne vom absoluten Voll-Profi, auf Stuttgart-21-Niveau". Immer wieder bot dieser Energieberater seine Mithilfe auf kommunaler Ebene an. Diesen Spezialisten hätten Politiker aus ihren "Fachzirkeln" quasi rausgeschmissen, "weil der dann nicht sagt, was die wollen", ärgert sich Hausverwalter "Sommer". Falsche Ansätze und komplettes Unvermögen gepaart mit Beratungsresistenz der Verantwortlichen in den betreffenden politischen Ressorts sind für den Immobilienfachwirt in der Hauptsache verantwortlich für das momentane Desaster.

Verheizt können sich schon jetzt alle fühlen, die sich durch die "Geisterfahrt" des grünen "Energieministers" und seiner Gefolgschaft in der Bundesregierung womöglich in naher Zukunft um ihr Grundeigentum gebracht sehen. Verheizt fühlen sich auch Mieter, die einem künftigen Rausschmiss aus ihren noch bezahlbaren Wohnungen mit Sorge entgegensehen. Verheizt sieht sich auch der Immobilienmakler und weite Teile der Bauwirtschaft, da der Markt bereits jetzt durch die katastrophale Verunsicherung eingebrochen ist.

Bei allem "Rum-Geeiere", wie es "Paul Sommer" nennt, und allen nebulösen Versprechungen eines Ausgleichs ist wohl nur eines bis jetzt sicher: Zurückgenommen wurden bis jetzt weder die Pläne noch das Datum für die Zwangssanierung, die vermutlich auf alle zukommt. Der neueste Ansatz von Bündnis 90/Die Grünen, einen sozialen Ausgleich von bis zu 80 Prozent an diejenigen Hauseigentümer zu bezahlen, deren Jahreseinkommen unter 20.000 Euro liegt, am Sonntagabend auch kommentiert von der Bundesvorsitzenden Ricarda Lang, dürfte nicht zielführend sein. Die Zielgruppe der Immobilieneigentümer mit einem derartig geringen Einkommen deckt nur einen sehr kleinen Bereich ab.

Die unabhängige Tageszeitung hatte vielleicht keine Zeit für eine eigene Recherche zu diesem Thema. Die Zeit eilt dahin und auch Geschichten wie: "Rosen, Pralinen, gar nichts?" also wer schenkt was zum Muttertag, erschienen am 13. Mai, wollen erzählt sein. Man begnügte sich stattdessen mit einer Anfrage an das Büro der Bundestagsabgeordneten Dr. Alice Weidel, wo denn das betreffende Objekt (mit circa 30 Wohnungen) wäre, titelte "Zweifel an Alice Weidels Behauptung", und stellte im Artikel dann fest, dass es sich nicht um ein Objekt der Baugenossenschaft handelt. Das stimmt, aber es gibt auch noch andere Gebäude in Überlingen. Weder die stattzeitung.org noch Alice Weidel hatten von der Baugenossenschaft gesprochen. Möchte man die Tageszeitungsleser also ganz bewusst auf eine falsche Fährte locken? Die von Weidel im Video gemachten Aussagen sind allerdings, nach Recherche der stattzeitung.org, korrekt.

Ebenfalls im Zeitungsartikel des lokalen Printmediums stellt die Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Agnieszka Brugger die Aussagen ihrer Bundestagskollegin Weidel mit folgenden Worten in Frage: "Ich habe meine Zweifel, ob die Geschichte einem Faktencheck standhält." Für diejenigen, die "die Zeche zahlen müssen" und für tatsächliche Experten ohne grüne Ideologie dürfte jedoch Habecks neuester Wurf kaum einem Faktencheck standhalten.

Rosemarie Weber, Rechtsanwältin und Stadträtin der CSU, stellte in der Tageszeitung Passauer Neue Presse (PNP) den Sinn einer "Wärmepumpen-Tauschaktion" generell in Frage. Nach einem Testlauf musste die Stadträtin erfahren, dass nach sechswöchigem Betrieb der Wärmepumpe bereits 2.000 Euro Stromkosten aufgelaufen waren. Rosemarie Weber ist schockiert, obwohl sie auch eine Photovoltaikanlage auf ihrem Dach hätten, läge der Stromverbrauch nach sechs Wochen höher als sonst in einem ganzen Jahr.

Einen Vorgeschmack auf die Stimmung beim Wähler könnte die Wahl in Bremen am vergangenen Sonntag gewesen sein. Hier rutschten die Bündnis 90/Die Grünen auf ihr schlechtestes Ergebnis seit 20 Jahren ab. Der ZDF-Wahl-Analyst Prof. Karl-Rudolf Korte sah "Wärmepumpe" und "Vetternwirtschaft" ursächlich dafür. Die BIW (Bremer Bürger in Wut) erzielten in Bremen knapp 10 Prozent, und in Bremerhaven, dort ist diese Partei ansässig, fast 20 Prozent. Die AfD war bei der Bremer-Bürgerschaftswahl aufgrund "nicht konformer" Wahllisten nicht zugelassen worden. Zum Bremer Wahlergebnis stellt Saskia Esken, eine der beiden Bundesvorsitzenden der SPD, fest: "Wenn wir die Bürger nicht mitnehmen, dann gehen sie auf die Barrikaden." Als eine Konsequenz aus der "Trauzeugen-Affäre", der "Vettern-Wirtschaft" in Habecks Wirtschafts- und Energieministerium musste der umstrittene Witschaftsstaatssekretär Patrick Graichen heute seinen Hut nehmen. Robert Habeck hatte bis zum Schluss versucht seinen Freund im Amt zu halten.

In einer Stadt wie Überlingen kann man, so man Willens ist, mannigfaltig von der "Wärmewende" betroffene Gebäude und Eigentümer finden. Auch ein Anonymisieren ist hier legitim, da die Akteure verständlicherweise ihre Privatsphäre schützen wollen. Die stattzeitung.org nennt gleich drei Beispiele in diesem Artikel. Oder ging es der unabhängigen Tageszeitung nicht um die Information ihrer Leser, sondern wieder einmal einfach nur darum Alice Weidel schlechtzumachen? Alice Weidel wird sich in Kürze in einem Interview mit stattzeitung.org wie geplant zu der betreffenden Presseanfrage äußern.

Alice Weidel wird zusammen mit Götz Frömming und Malte Kaufmann am 26. Mai 2023 ab 18 Uhr im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen sprechen.

Anm. der Redaktion: Die gezeigten Bilder sind beispielhaft, und haben nichts mit den im Artikel beschriebenen Immobilien-Objekten zu tun.



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Kommentare

Kommentar von Hille Warntjen |

Moin,
was ich nicht verstehe:
Warum beginnt die sog. "Wärmewende" nicht bei den öffentlichen Bauten?
Also Krankenhäuser, Schulen, Uni, Gefängnisse, Verwaltungsgebäude, Regierungsgebäude ...
DIE gehen sozusagen mit gutem Beispiel voran.
In diesen Gebäuden wird ja sehr viel Wärme verbraucht ...
Und dann noch die Geschäfte, Firmengebäude ...
Später vielleicht mal die Häusle-Besitzerinnen ...

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