Interview mit Michael Ballweg, wie geht es jetzt weiter mit "Querdenken"?
von Stef Manzini (Kommentare: 0)
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Michael Ballweg (MB), der Gründer von "Querdenken" ist am Dienstag, dem 4. April 2023 nach neun Monaten aus der Untersuchungshaft in Stuttgart-Stammheim entlassen worden. Als Initiator einer großen Bürgerbewegung für Friede, Freiheit und Selbstbestimmung wird ihm versuchter Betrug, Geldwäsche, versuchte und in einem Fall vollendete Steuerhinterziehung vorgeworfen. Michael Ballweg hat in den letzten Monaten viel meditiert und viel gelesen. Ballweg spricht über neue Aktivitäten, über Ziele, über Geduld und darüber, was er für sich aus den langen Tagen in Unfreiheit gelernt hat. Der "Querdenken-Chef" hat Hoffnung für diese Gesellschaft, ist nicht müde und schon gar nicht zermürbt. Verbitterung hat keinen Platz in seinem Herzen- und ist auch kein guter Startknopf für eine neue und bessere Welt. An der Aufgabe sie zu schaffen sind wir alle mitbeteiligt.
Wie es jetzt weitergeht mit "Querdenken" und wie es ihm geht, lesen sie hier in einem stattzeitung.org-Interview, für das wir am heutigen Donnerstag mit Michael telefoniert haben. Freuen Sie sich über ein klassisches Wortlaut-Interview mit dem Gründer von "Querdenken", das wir unseren stattzeitung.org Leserinnen und Lesern exklusiv zur Verfügung stellen.
s!!z: Lieber Michael, erstmal möchte ich dir von unserem ganzen Team ausrichten, wie froh wir alle sind, dass du nun endlich aus dem Gefängnis draußen bist. Wir haben dem Ganzen geharrt und alles mitgekriegt und mitgefiebert. Wir standen mit Plakaten auf der Straße wie "Free Assange" und "Free Ballweg". Wir freuen uns sehr mit dir!
MB: Danke schön.
s!!z: Corona, Krieg in der Ukraine, das sind zwei große Indikatoren dafür, dass etwas ganz und gar nicht stimmt in dem Land, in dem wir gerne leben. Ich möchte dich fragen, ob du glaubst, dass es nicht mehr die Zeit ist für Einzelthemen auf die Straße zu gehen, sondern für den Wandel in unserer Gesellschaft hin zu mehr Mitbestimmung? Können wir erneut die Massen bewegen für eine Demokratiebewegung und wo siehst du deine Rolle dabei?
MB: "Querdenken" war ja von Anfang an eine Demokratiebewegung. Sie wurde ja nur von den "Leitmedien" als „Anticoronaprotestbewegung“ mit singulärem Thema markiert. Wir sind vielleicht naiv oder unerfahren, wie ich zumindest politisch auch war, mit der Idee gestartet, dass man zwei Demos macht und nach den zwei Demos fangen dann die Korrektive, nämlich die Presse und auch die parlamentarische Opposition an, zu arbeiten. Das war eine große Überraschung, dass das eben nicht passiert ist. Sondern wir sind dann als Rechte, Nazis, Pegida-Anhänger, was auch immer bedacht worden und ab dieser Zeit, so ab der zweiten oder dritten Demo wurde es dann klar, dass es halt nicht um dieses Thema "Corona" geht, sondern dass wir über eine massive Einschränkung von Grundrechten sprechen. Zumindest war es für mich und die Querdenkeninitiativen ab diesem Zeitpunkt klar, dass es ein längerfristiges Thema wird und dass wir uns nicht damit begnügen wollen, wir wollen zurück zu dem was wir vorher hatten, sondern wir wollen ein Mehr, nämlich ein Mehr an Demokratie.
s!!z: Und wie geht es jetzt konkret weiter mit "Querdenken"?
MB: Die Initiativen sind ja unabhängig und haben weitergearbeitet während ich inhaftiert war. Wir werden uns natürlich zusammensetzen und erstmal einen "Status Quo" machen und dann entscheiden, wie wir gemeinsam weiter machen. Aber natürlich sehen wir es ja in der Ukraine-Krise, genauso wie bei Corona, dass der Debattenraum extrem verengt wird. Das heißt man darf keine Meinung gegen den Krieg haben, sonst wird man gleich vom Diskurs ausgeschlossen und bei der Klimafrage sehen wir das Gleiche. Wobei der Begriff "Klima" komplett falsch gewählt ist, es geht ja um Umwelt und Ökologie. Da gibt es auch schon den Begriff "Klimaleugner", also da steckt man auch schon die Kritik ein.
s!!z: Da gibt es einige Wortschöpfungen, ich war vor ein paar Wochen beim Friedenskongress in Basel mit Daniele Ganser und Dirk Pohlmann zusammen und da kam dann das Wort "Friedensnazi" auf. Also diese ganzen irren Worte, die müssen wir einfach unter unseren Füßen lassen, weil die nichts damit zu tuen haben.
MB: Es gibt ja auch den Begriff "Friedensschwurbler".
s!!z: Ja, genau. Viele Menschen haben, vor allen Dingen während dieser Pandemiezeit und auch jetzt noch, Unrecht erlebt. Du hast es eben schon angesprochen, sie wurden als "rechtsextrem" oder "Coronaleugner" bezeichnet. Nun werden sie wieder denunziert und ausgelacht, weil sie für ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine stehen. Dazu fällt mir ein, dass Ghandi einmal sinngemäß gesagt hat, wer einen Fehler nicht zugibt, begeht ein erneutes Unrecht. Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass dir großes Unrecht geschehen ist, dann bitte sage du mir, wie gehst du damit um?
MB: Alles was ich im Leben als Herausforderung serviert bekomme, sehe ich als Möglichkeit mich weiterzuentwickeln oder als Chance, etwas aus dieser Situation zu lernen. Von daher gehe ich da nicht mit einer Verbitterung rein, sondern sehe das, ähnlich wie frühere Unfälle, die zum Glück glimpflich ausgingen, als Prüfung im Leben, die man erfolgreich absolvieren kann oder eben auch nicht.
s!!z: Das heißt, du spürst in dir keine große Verbitterung, sondern du siehst, ich habe das gemacht, dazu stehe ich, daraus ist dies entstanden und jetzt geht es weiter.
MB: Genau so, das ist prima zusammengefasst. Anders kann man damit, glaub ich, auch nicht umgehen, alles andere würde einen auffressen und kaputt machen.
s!!z: Ja, aus einem bitteren Herzen kann ja auch nichts Schönes entstehen. Und jetzt warst du ja neun Monate im Gefängnis, das ist ja fast ein Geburtsfenster. Ich hab bei Schuler gesehen, du hast viel gelesen in dieser Zeit, du hast viel meditiert und ich schließe nun daraus, du hast durchaus Kraft für neue Taten oder braucht es nun erstmal eine große Auszeit in der Freiheit für dich?
MB: Nee, ich hab große Kraft für Taten und bin da auch schon dabei. Ich hab ja von Anfang an gesagt, dass ich auch das „Zentrum zur Aufarbeitung, Aufklärung, juristischen Verfolgung und Verhinderung von Verbrechen gegen die Menschheit aufgrund der Corona-Maßnahmen (ZAAVV)“ von Ralf Ludwig unterstütze. Und ich hatte ja auch bevor ich verhaftet wurde vor, eine Reise durch Deutschland zu machen und mich mit vielen Menschen zu treffen und auszutauschen, was man denn tuen kann. Es wird sicherlich notwendig sein, auch über eine längerfristige Agenda nachzudenken. Es hat uns ja 2020 mit den großen Demos gezeigt, die politisch großen Eindruck hinterlassen haben, aber man hat sich nicht auf eine Diskussion mit uns eingelassen oder ist auf uns zugegangen. Genau so muss man überlegen: Wie ist denn unser Gegenentwurf zur Agenda 2030, wie sieht der aus und wie wollen wir leben? Weil viele Menschen wollen aus meiner Sicht die Veränderung, nur sie wissen halt noch nicht, wie die Veränderung aussehen kann. Wir müssen die Welt uns so schaffen, wie wir sie gerne hätten und dürfen nun dabei auch nicht warten, welche Lösungsvorschläge uns angeboten werden und dann auf die aufspringen. Denn das macht uns einfach langsamer in der Veränderung. Von daher ja, es gibt viel zu tun. Ich merke eben an unseren Projekten, wie Bitcoin und dem Freiheitshandy, dass Veränderung auch Zeit braucht und die Menschen ebenfalls Zeit benötigen, sich darauf einzulassen. Das sind ja nun nur die Projekte von uns, aber es gibt ja auch andere Beispiele wie die Gründung einer Solidarischen Landwirtschaft.
s!!z: Oder den Aufbau einer neuen Presselandschaft.
MB: Genau, Youtube-Alternativen aufbauen etc.. Es braucht halt alles Zeit und Ressourcen, die wir uns auch geben müssen und wir dürfen da auch nicht ungeduldig sein und sagen, es tut sich ja gar nichts. Weil ich glaube, es tuen sich ganz viele große Dinge, aber sie brauchen einfach Zeit. Man kennt das ja auch vom Bambus, der wächst ganz lange unterirdisch und dann kann er plötzlich in einer Nacht einen Meter überirdisch wachsen. Da sollten wir einfach auch geduldig mit uns selber sein.
s!!z: Ja, das müssen wir. Wir haben teilweise erlebt, dass sich die Dinge ändern, aber in der Geschwindigkeit eines Gletschers. Wir müssen einfach auch eine Langstrecke gehen und dann kann es manchmal sein, dass es Quantensprünge gibt und etwas ganz schnell passiert. Plötzlich ist es da, man hat eine lange Vorarbeit gemacht und dann geht es ganz schnell. Und dann muss man sehen, dass man dann dafür gut gerüstet ist. Jetzt hab ich dich vorher schon gefragt, ich hab hier so einen Spruch von Aristoteles bei mir am Schreibtisch, da steht "The antidote for 50 enemies is one friend“, also übersetzt "Das Gegengift oder das Gegenmittel zu 50 Feinden ist ein Freund". Wie hast du die Unterstützung erlebt und mitgekriegt, die Mahnwachen, die Demoplakate, die Briefe an dich, so viele gute Gedanken? Hat dir das sehr geholfen in diesen neun Monaten, dieses Grundwissen, die sind da draußen aktiv?
MB: Ja, natürlich. Das war die allergrößte Stütze, weil die größte Angst, die man glaub ich hat, ist die Angst des Alleinseins oder des Abgeschnittenseins von der Gemeinschaft. Das Schöne ist über die Querdenken-Demonstrationen haben sich so schöne Gemeinschaften mit neuen Menschen ergeben, wo man sich einfach fallen lassen kann und auch weiß, man wird aufgefangen beziehungsweise man kann sich aufeinander verlassen. Und wenn das dann alles weg ist, dann ist das erstmal eine massive mentale Herausforderung. Da haben natürlich insbesondere die Briefe super geholfen, also natürlich auch die Informationen, die in den Briefen transportiert wurden über die ganzen Aktionen, die stattgefunden haben, wie die Mahnwachen und die Demos. Aber auch in der Schweiz habe ich mitbekommen, da gab es ein Team, die haben immer Sprüche auf die Straße gemalt und haben mir dann immer Fotos davon geschickt Also ich hab ja ca. 8.000 – 10.000 Briefe bekommen, ich habe sie natürlich nicht gezählt. Das war schon wirklich toll und das macht auch Mut. Ich werde mich nun auch dafür einsetzen, wer ist noch alles im Gefängnis und das wir dort zumindest auch die Adressen veröffentlichen, so dass dort auch mutmachende Briefe geschickt werden können. Das Problem ist, man weiß es ja nicht von alleine, wer nun wo im Gefängnis sitzt.
s!!z: Das bringt mich natürlich zu einem, der seit Jahren im Hochsicherheitsgefängnis in London sitzt. Ich hab immer gesagt, die Pressefreiheit sitzt im Hochsicherheitsgefängnis in London - das ist Julian Assange, der mit Wikileaks einen, für mich als Journalistin, elementaren Grundpfeiler der Demokratie geschaffen hat. Außenministerin Baerbock versprach vor ihrer Wahl, sie würde sich für seine Freilassung einsetzen, nichts davon hat sie gehalten. Ich weiß aus guten Quellen, dass es Julian Assange sehr schlecht geht, auch körperlich. Michael, jetzt frag ich dich einfach mal, das ist eine andere Nummer, das wissen wir alle, er soll ja in die USA ausgeliefert werden. Was können wir noch tuen, um Bewegung in diese Sache zu bringen? Wöchentliche Mahnwachen, Briefe, selbst von der New York Times, alles hat bisher nicht den Erfolg gebracht, den wir uns wünschen, Julian Assange genau wie dich wieder in der Freiheit zu sehen.
MB: Ich fand das natürlich sehr gut, dass Nils Melzer, der ehemalige UN-Sonderberichterstatter über Folter, sich auch dem Thema angenommen hat. Leider hat er ja die Position gewechselt. Ich denke, man kann immer nur darauf aufmerksam machen und öffentlichkeitswirksam sein und man muss natürlich die Menschen in London oder generell in ganz Großbritannien aufrufen und unterstützen, dass sie Demonstrationen vor Ort machen. Vielleicht muss man tatsächlich auch mal eine Demonstration vor der britischen und amerikanischen Botschaft in Berlin machen. Ich weiß es tatsächlich nicht, was da das Mittel der Wahl ist, aber es darf auf jeden Fall nicht in Vergessenheit geraten und so viel Berichterstattung gibt es glaub ich nicht.
s!!z: Naja, wir versuchen das immer aufrecht zu erhalten. Also ich hab in Wien im September letzten Jahres bei der Better Way Media Conference die Deklaration „Free Presse – Free Assange“ an den Start gebracht. Wir wollen vor allen Dingen nicht, dass das vergessen wird. Weil das ist ja genau das was einen dann in die Verzweiflung stürzt, wenn man merkt, es ist niemand mehr da. Hier sind es ganz viele Rufer, aber wir haben es hier auch mit einer ganz anderen Massivität zu tun, das ist mir klar. Wir werden nicht nachlassen, vielleicht gelingt es irgendwann auch nochmal richtig große Organisationen dafür auf die Straße zu bringen.
MB: Ja, das wäre schön.
s!!z: Ja, das wäre es wirklich. Jetzt hab ich noch eine andere Frage zu deinem Anwaltsteam, um Ralf Ludwig und Alexander Christ. Hast du dich während dieser neun Monate da sehr gut aufgehoben gefühlt? Warst du dann manchmal auch schon ungeduldig? Konnten die dir vermitteln, wir machen, wir machen, wir machen…. und es wird gut?
MB: Ja, also ich hatte sehr großes Vertrauen in mein Anwaltsteam. Und es war, also gerade mit Ralf Ludwig, ein sehr intimes Vertrauensverhältnis, wir haben ja intensiv an den Sachen gearbeitet und ich war sehr zufrieden. Ungeduldig selber bin ich ja nicht, weil das war ja vermutlich gerade meine Lektion, dass ich geduldiger werden muss. Ich hab versucht mich in Geduld zu üben und eben denen so viel Zeit zu geben, wie es braucht.
s!!z: Nun bleibt mir zum Schluss dir von ganzem Herzen zu danken, dass du uns von stattzeitung.org 2 Tage nach deiner Entlassung dieses Interview gegeben hast. Wir wünschen dir ein wunderschönes Osterfest in Freiheit. Wir feiern ja die Auferstehung und deine Rückkehr ist ja im Kleinen auch so eine Art zurück in die Welt kommen und ein Aufbruch zu neuen Taten, so verstehe ich das. Wir wünschen dir dafür alles Gute und sind gespannt, wie es nun mit "Querdenken" weitergeht und freuen uns sehr auf das, was kommen mag.
MB: Das ist schön. Es wird weitergehen, das kann ich schon mal versprechen.
s!!z: Und das ist ein gutes Schlusswort, es wird weitergehen. Nochmals vielen Dank für das Interview und alles Gute! Wir bleiben in Kontakt.
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