Flanieren auf der Jakob-Kebap-Straße

von Diana Benisch (Kommentare: 1)

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  • Mehr Frust statt Lust bei Anwohnern der Jakob-Kessenring-Straße.
  • Die Stadt Überlingen lädt zur Infoveranstaltung zur Umgestaltung der Jakob-Kessenring-Straße/Klosterstraße.
  • Ab Mai sollen in mehreren Bauabschnitten die Arbeiten beginnen.
  • Anwohner müssen mit großen Einschränkungen rechnen.
  • Viele Fragen können nur unbefriedigend beantwortet werden.

Am 28. März lud die Stadt ins Feuerwehrhaus. Nicht alle überzeugten Kölschbachs Pläne vom "Flanieren in der Jakob-Kessenring-Straße". Die Bauarbeiten zur Umgestaltung werden ein knappes Jahr dauern. Anwohner wollen kein zweites Stockach und befürchten viele Unannehmlichkeiten. Besonders die betroffenen Gastronomen sehen die Pläne der Stadt äußerst skeptisch. Es kam aber auch Lob für die geplante Verschönerung einer der Haupteinfallsstraßen Überlingens, die bis jetzt wahrlich keinen Schönheitswettbewerb gewinnt.

Viele Anwohner des zu sanierenden Gebietes, aber auch interessierte Bürger Überlingens waren in den Feuerwehrsaal gekommen, um ihre Sorgen, Bedenken, aber auch eigene Vorschläge zur Umgestaltung einer der zentralen Straßen der Überlinger Kernstadt einzubringen.

Stadt weist auf Dauer der Vollsperrung von acht Monaten hin, Absprache mit Bauarbeitern führt zu Gelächter.

Gleich zu Beginn machte Thomas Kölschbach (stellvertretender Bürgermeister und Leiter des Bauamtes) die Anwesenden darauf aufmerksam, dass einige Unannehmlichkeiten während der Bauphase auf sie zukommen werden und bat um Verständnis.

Die Fragen der besorgten Bürger, würde das Gremium, "die geballte Fachkompetenz", so Thomas Kölschbach, gerne beantworten. Nachdem mit dem Umbau der Hafenstraße bereits ein erster Teil der Verkehrsberuhigung in der Innenstadt von Überlingen umgesetzt worden sei, soll nun bereits ab Mai mit der Umgestaltung der Jakob-Kessenring-Straße/Klosterstraße begonnen werden. Diese Maßnahme liegt im Sanierungsgebiet Stadteingang West, drei Bauabschnitte sind vorgesehen. Begonnen wird in der Christophstraße, geschätzte Bauzeit ein bis eineinhalb Monate. Es folgen dann zwei weitere Bauabschnitte, wobei die Jakob-Kessenring-Straße insgesamt wohl für weitere sieben bis acht Monate voll gesperrt sein wird. Alle Anwohnerparkplätze werden in das Parkhaus Therme verlagert, dazu werden die Besitzer und Mieter noch gesondert informiert, soweit dies nicht schon geschehen ist, die Kosten hierfür trägt die Stadt. Unannehmlichkeiten bereitet auch die Tatsache, dass die Anwohner während der verschiedenen Bauphasen keine Möglichkeit mehr haben, ihre Häuser/Wohnungen mit einem Fahrzeug zu erreichen. Denkbar sind allerdings Sonderabsprachen, ebenso ist es möglich, Hilfe zu bekommen, wenn nötig, dazu müsse man lediglich mit den Bauarbeitern und der Bauleitung sprechen, man habe diesbezüglich gute Erfahrungen bei den Bauarbeiten in der Hafenstraße gemacht, so Thomas Kölschbach, der Saal reagierte darauf verständlicherweise jedoch eher mit Skepsis.

Heizthematik treibt Anwohner um, hierzu hat die Stadt noch keine Antworten.

Im Zuge der Umgestaltung des Gebietes soll auch die Gas-Wasserversorgung erneuert werden, was zu der Frage führte, ob dies denn angesichts der zu erwartenden Verbote von Gas- und Ölheizungen, überhaupt noch zeitgemäß sei. Hätte man jetzt und nur jetzt nicht die einmalige Chance, da ohnehin alles umgestaltet würde, ein Fernwärmenetz oder auch das Thema Seethermie in Angriff zu nehmen, damit dann, wenn in ein paar Jahren bezüglich der Heizungen gehandelt werden müsse, auch entsprechende Möglichkeiten vorlägen. Leerrohre zu verlegen wären doch zumindest das Nötigste, meinten die Fürsprecher dieser Thematik. Dies sei alles noch im Diskurs, so Thomas Kölschbach, man sei noch dabei, das zu prüfen. Fraglich blieb dabei, wie das Thema noch ausführlich, ob der Kürze der Zeit, behandelt werden könne, die Bedenken der Anwohner waren wiederum groß.

Thomas Kölschbach betonte, dass man zeitlich nicht viel Spielräume hätte, da man sonst nicht in den Genuss der Fördermittel für solche Maßnahmen käme. Eile sei geboten, man könne auch nicht die Beendigung anderer Sanierungsprojekte, wie zum Beispiel die Fertigstellung des Parkhauses Mitte, abwarten. Ein Vertreter von "Stadtwerk am See" betonte in diesem Zusammenhang, dass die Kosten der neuen Leitungen bis zum Haus bei dem "Stadtwerk am See" lägen, was danach an neuen Anschlüssen oder anderen Maßnahmen nötig sei, sei dann Sache der Eigentümer. Man müsse unter Umständen nach individuellen Lösungen suchen. Später wird es in diesem Bereich, in dem dann, wie in der Hafenstraße, nur noch Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf, mobile Bepflanzungen, neue Bäume und Sitzgelegenheiten geben, dies sei nötig, damit man überhaupt eine Verkehrsberuhigung durchführen dürfe, so Thomas Kölschbach. Mieter und Mieterinnen von Plätzen auf dem Felderhausparkplatz, fragten nach, ob sie denn auch bei der Vergabe von Ausweichparkplätzen berücksichtigt würden, man suche nach "wohlwollenden Lösungen", antwortete Thomas Kölschbach, was immer das heißen soll.

Sorgen die Sanierungspläne nun für mehr Lebendigkeit oder nur für mehr Unannehmlichkeiten für die Anlieger?

Für viel Widerstand sorgte bei den Anwohnern, aber auch bei vielen Gewerbetreibenden und Gastronomen, nicht nur die eigentliche Umbauphase, in der die Straßen mitten in der Hauptsaison eigentlich nur zu Fuß zu erreichen sein werden, sondern auch die abschließend geplante Verkehrsführung. Nur schwer seien die Geschäfte und Häuser zu erreichen, man müsse große Umwege in Kauf nehmen, um zu seinen Parkplätzen, Geschäften, Wohnungen und Häusern zu kommen, Existenzen seien bedroht, vieles würde erschwert. Bis 11 Uhr vormittags könne zwar geliefert und angefahren werden, aber danach versperren Poller die Straßen, sodass eine direkte Anfahrt nicht mehr möglich sei. Mehrfache Anfragen, ob denn die Anwohner nicht wenigstens eine Fernbedienung für die Poller erhalten könnten, verneinte Thomas Kölschbach, dies sei nicht vorgesehen, er nehme den Unmut aber zur Kenntnis. Man könne und müsse nach individuellen Lösungen suchen. Bei solchen Antworten könne man ja nur gehen, sagte eine Anwohnerin und verließ den Saal.
Warum denn überhaupt eine derartig umfangreiche Maßnahme nötig sei, lautete eine weitere Frage aus dem Publikum und Thomas Kölschbach wurde nicht müde zu betonen, dass die Eliminierung des unnötigen Stadtverkehrs, auch wenn dann die Anwohner große Umwege in Kauf nehmen müssten und damit weitere Strecken zu fahren hätten, die Gesamtbilanz doch positiv beeinflussen würde. Überlingen sei Luftkurort und man wolle diesen Status unbedingt behalten und dazu seien entsprechende Vorgaben zu erfüllen und Maßnahmen umzusetzen. Es sei messbar und in Verkehrsrechnungsmodellen ersichtlich, dass sich durch die Verkehrsberuhigung eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität ergibt. Die Einwohner Überlingens, die heute in den Feuerwehrsaal gekommen waren, fragten sich offenbar für wen diese Verbesserungen gut sein und quittierten Kölschbachs Auslassungen mit vermehrtes Kopfschütteln. Der Baubürgermeister war sichtlich erleichtert darüber, dass es auch Lob gab, man wollte die Verkehrsberuhigung und freue sich darauf, so eine Anwohnerin.

Einer der Anwesenden brachte dann allerdings sein Unverständnis und seinen Unmut mehr als deutlich zum Ausdruck: "Die reichen Leute, die in ihren 200 qm Wohnungen in der Stadt sitzen und Mittagsschlaf halten möchten, sollen doch bitte aufs Land ziehen."  Ein gutes Beispiel für fehlgeleitete Umgestaltung sei Stockach, man hat zwar jetzt eine schöne Stadt, in der sei aber auch nichts mehr los, die Oberstadt sei beerdigt worden. Seiner Meinung nach brauche man die Verkehrsberuhigung so nicht.

Fazit, warten wir es ab, Flaniermeile oder totes Pflaster, dass wird sich zeigen.

Überlingen darf also gespannt sein, ob dann in absehbarer Zeit in der Jakob-Kessenring-Straße nach Vorstellungen der Stadt, flaniert, gesessen, eingekauft und gelebt wird. Es bleibt zu hoffen, dass die Gewerbetreibenden, nach der in den letzten zwei Jahren ohnehin schon angespannten Situation, alle „überleben“ werden, dass die Anwohner kreative und individuelle Lösungen finden und sich die verbesserte Lebensqualität für alle einstellt. Lesen Sie hierzu gerne auch den stattzeitungs-Bericht "Wird Überlingen das neue Meersburg?".



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Kommentare

Kommentar von Claudia Kunzi |

Eine Katastrophe für die Innenstadt, für die Einzelhändler und für die Gastronomie!
Es gibt genügend Negativbeispiele von verkehrsberuhigten Innenstädten. Ich hoffe sehr, die Einzelhändler, Gastronomen und die Anwohner wehren sich heftig gegen diese unnötige Planung!

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