Bhakdi und Weis: Ein Eklat, der keiner ist – zumindest aus strafrechtlicher Sicht!

von Michael Freiherr von Lüttwitz (Kommentare: 0)

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  • Öffentlich-rechtliches Fernsehen bietet Plattform zum "Gewaltaufruf".
  • Staatsanwaltschaft sieht "Gewaltaufruf" durch Meinungsfreiheit gedeckt.
  • Straffreier Raum des Sagbaren wird durch die Staatsanwaltschaft abgesteckt.
  • Angestrebter Prozess gegen Prof. Dr. Sucharit Bhakdi mehr als fragwürdig.

Am 14. Oktober 2022 kam es in der WDR-Fernsehsendung Kölner Treff – finanziert durch Zwangsgelderhebung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – zu einem Eklat, der von der Staatsanwaltschaft Köln als kein Eklat gesehen wird.

Was war geschehen? In einer Talk-Runde mit der Moderatorin Bettina Böttinger erzählten Menschen aus ihrem Leben. Darunter war auch die österreichische Schauspielerin Heidelinde Weis. Als es um Corona ging, lief die Schauspielerin und Sängerin zu einer "Hochform" auf und teilte den Menschen in der Talk-Runde, im Zuschauerraum und vor den Bildschirmen Folgendes mit (Originalzitat Staatsanwaltschaft): "[…] Ich war auch so wütend, weil ich diese Lager… diese beiden Lager. Wie können die Menschen so blöd sein und sich nicht überlegen, was sie tun? Die gehen auf die Straße und demonstrieren gegen Impfungen und… also, die sind wirklich zu prügeln diese Menschen. Und dann passieren solche Dinge […]." Der entsprechende Ausschnitt aus der Fernsehsendung ist unter diesem Link abrufbar.

Die Ausführungen von Frau Weis sahen viele Menschen als Aufruf zu einer Straftat an. Mit involviert waren die Moderatorin und die Gäste, die gegen diesen Gewaltaufruf nicht einschritten und teilweise auch noch Beifall klatschten. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, darunter auch s!!z-Autor Michael von Lüttwitz, stellten Strafanzeigen, wie die Staatsanwaltschaft Köln mitteilte.

Der Text einer Strafanzeige lautete: "Die Angezeigte äußert sich deutlich, dass impfkritische Menschen zu prügeln sind, wobei sie offen lässt, wer den Vollzug des Prügelns ausführen soll. Dadurch kann sich jeder aufgerufen fühlen, eine Körperverletzung oder eine fahrlässige Tötung auszuführen, weil eine bekannte Schauspielerin im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dazu aufgerufen hat. Diese Aufforderung zur Gewalt wird durch das Faktum unterstützt, dass weder von den Gesprächsteilnehmern noch von der Moderatorin diesem Gewaltaufruf entgegengewirkt wurde. Aufgrund dieser Gegebenheit kann sich jeder Corona-Impf-Befürworter berufen fühlen, Gewalt anzuwenden, da dem Aufruf im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht widersprochen und obendrein mit Beifall aus dem Publikum unterstützt wurde. Das sind Kriterien, welche die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung absenken. Im Kontext bedeutet das, dass der Aufruf zur Gewalt gutgeheißen wurde, wodurch der Verdacht besteht, dass zumindest auch die Moderatorin, wohl aber auch die übrigen Gäste Beihilfe gemäß Paragraph 27 StGB geleistet haben."

Die Staatsanwaltschaft sah in den Äußerungen, um es vorwegzunehmen, keine tatsächlichen und konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfügbaren Straftat und damit auch keinen Anfangsverdacht hinsichtlich einer verfolgbaren Straftat. Das trifft sowohl auf die Schauspielerin als auch redaktionell verantwortliche Personen zu.

In der Begründung des Ausschlusses eines Anfangsverdachts wird unter anderem aufgeführt: Die emotionalen Äußerungen in einem Meinungskampf sind vollumfänglich vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt. Sie erfüllen nicht den Tatbestand einer öffentlichen Aufforderung zu einer Straftat noch den Tatbestand einer Volksverhetzung.

Strafrechtlich muss die Tat konkretisiert werden, um verfolgt zu werden. Die Schauspielerin hat lediglich ein Prügeln befürwortet. Es liegt kein Aufforderungscharakter vor. Eine bloße Information, eine politische Unmutsäußerung oder Provokation genügt für einen Straftatbestand genauso wenig wie eine berechnende Stimmungsmache. Kurzum, es muss ein konkreter Appellcharakter vorhanden sein – und dieser ist bei der Schauspielerin gerade nicht zu sehen, zumal sie offenkundig auch niemanden ernsthaft zu Gewalt- oder zu Willkürmaßnahmen aufruft. Der Gewaltaufruf der Schauspielerin, der keiner sein soll, stellt allenfalls eine metaphorische Missbilligung gegenüber Menschen dar, die die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen und wissenschaftlich zugelassenen Vakzinen ablehnen.  Die Staatsanwaltschaft wiederholt: Diese Missbilligung gegenüber anders denkenden Menschen ist durch die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit nach Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt.

Die Missbilligung der Schauspielerin fällt in die Kategorie: "denen muss man die Hammelbeine langziehen", "bei denen muss es mal scheppern" oder "denen muss man zeigen, wo der Hammer hängt". Solche umgangssprachlichen Redewendungen, auch wenn sie sprachlich-stilistisch übertrieben sind, stellen keine aktiven und ernsthaften Aufforderungen zu Gewalthandlungen dar.

Zu guter Letzt führt der Staatsanwalt aus, dass im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat der Bundesrepublik Deutschland insbesondere bei einem politisch und emotional aufgeladenen Meinungsaustausch auch provokante, polemische oder besonders scharf formulierte Missbilligungskundgebungen oder Formulierungen vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sein können und vom politischen Gegner im Rahmen der geführten Gesellschaftsdebatte auszuhalten sind – so verhält es sich auch bei der angezeigten Schauspielerin. Deshalb kommt die Einleitung einer Ermittlung nicht in Betracht.

Wenngleich die Staatsanwaltschaft keinen Appell zum Gewaltaufruf sieht, werden durch die provokante Missbilligungsäußerung der Schauspielerin impfkritische Menschen und Corona-Maßnahmenkritiker hinter der Maske des vermeintlich Guten abgewertet und ausgegrenzt: Sie gehören eben geprügelt! Das erfüllt sicherlich keine scharf formulierte Missbilligung, wie der Staatsanwalt es geltend machen möchte, sondern ist eine sprachliche Brutalität gegenüber Mitbürgern. Allein das schon hätte eines Eingreifens der Moderatorin oder der Gäste bzw. der Zuschauer bedurft. Weil das nicht geschah, wurde der Eindruck der Hetze und Ausgrenzung erst ermöglicht. Der brutale Sprachgebrauch wurde sozusagen in den Bereich des Legitimen erhoben. Solche Äußerungen können zu einer Traumatisierung bei Menschen führen. Hier muss man sich allen Ernstes fragen, ob das noch etwas mit einem freiheitlich demokratischen Verständnisses zu tun hat oder ob hier das Verständnis von Grund- und Menschenrechten nicht einer Kernsanierung bedarf.

Wenn durch das verlogene Corona-Narrativ der Regierung eine Gesellschaft gespalten wird, müssen gerade diejenigen, die das Ruder in der Hand haben, zu denen auch die Moderatorin der angesprochenen WDR-Fernsehsendung gehört, mit Bedacht und Feingefühl handeln, um zu deeskalieren. Das ist nicht geschehen! Es ist geradezu beängstigend, dass solche zumindest moralischen Entgleisungen eine Plattform in einem öffentlich-rechtlichen Medium finden. Das ist nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Zwangsfinanzierung verwerflich.

Andererseits muss man für das Schreiben der Staatsanwaltschaft dankbar sein, denn dadurch wird der Raum des Sagbaren im Wissen eines Wegfalls strafrechtlicher Sanktionen vergrößert. Das ist eine wertvolle Grundlage für all diejenigen, die sich gesellschaftspolitisch positionieren.

In diesem Kontext ist auch der vorgesehene Prozess im März dieses Jahres gegen Prof. Dr. Sucharit Bhakdi, einem Corona-Maßnahmenkritiker, von Interesse. Bei ihm erhebt die Generalstaatsanwaltschaft Anklage und nicht die eigentlich zuständige Staatsanwaltschaft beim Landgericht. Das ist ausgesprochen merkwürdig. Merkwürdig ist auch, dass die Meinungsäußerungen von Prof. Dr. Bhakdi vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sein dürften, trotzdem wird aber eine Anklage angestrebt (https://netzwerkkrista.de/2022/06/12/ist-professor-bhakdi-ein-volksverhetzer/).

Es wird spannend, wie hier die Staatsanwaltschaft argumentiert, denn es gibt zum Grundrecht der Meinungsfreiheit keine doppeldeutigen Auslegungen. Unter dem Eindruck der Ausführungen der Kölner Staatsanwaltschaft hat das zuständige Amtsgericht eigentlich nur die Möglichkeit, die Eröffnung des Hauptverfahrens aus Rechtsgründen abzulehnen. Sollte dieses nicht der Fall sein, rückt die Entscheidung der Kölner Staatsanwaltschaft in ein neues, zu hinterfragendes Licht. Oder, um es im zitierten Wort-Jargon der Staatsanwaltschaft zu sagen: Dann muss es bei denen mal scheppern!



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