Integration und Aufnahme von Flüchtlingen, auch hier in Überlingen ein besonderes Thema.

von Redaktionsteam (Kommentare: 0)

Diana Benisch und Stef Manzini

Bild: Diana Benisch

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  • Räume für Begegnungen fehlen, die Leiterin für das Ressort Integrationsarbeit Elke Dachauer wünscht sich ein Begegnungszentrum.
  • Aufnahmequote konnte 2022 erfüllt werden.
  • Für dieses Jahr sind die Anforderungen hoch, es gilt das Prinzip Hoffnung.
  • Das Projekt "Deutsch To Go", findet Interesse in Nachbarorten.
  • Kann es ein Lörrach in Überlingen geben? "Der Vergleich stellt sich nicht", so die Stadtverwaltung.
  • Weiterhin kein adäquater Wohnraum für wohnungslose Frauen in Überlingen.

Auf der offiziellen Seite der Stadtverwaltung ist zum Thema Integration folgendes zu lesen: "Integration ist ein dynamischer, sich über eine lange Zeit ziehender, facettenreicher Prozess des Zusammenfügens und Zusammenwachsens. Im städtischen Sachgebiet Integration werden Impulse gesetzt. Themen sind: Unterbringung, Begegnung und Vernetzung von Akteuren. Projekte entstehen gemeinsam mit haupt- und ehrenamtlich Engagierten."

Seit Mai 2017 hat die Stadt Überlingen für die städtische Integrationsarbeit ein eigenes Sachgebiet geschaffen. Die Sachgebietsleitung obliegt Elke Dachauer, Diplomverwaltungswirtin und Integrationsbeauftragte. Gerne hätten wir unsere Fragen zum Thema Integration und Aufnahme von Flüchtlingen an die Integrationsbeauftragte Elke Dachauer persönlich gestellt, leider wurden wir, wie in Überlingen üblich, an die Pressestelle verwiesen.

In dem Integrationsbericht für das Jahr 2022, vorgestellt auf der Gemeinderatssitzung am 8. Februar 2023, betonte Elke Dachauer, dass es im vergangenen Jahr zum ersten Mal gelungen sei, die Sollzahlen (vorgegebene Quote aufzunehmender Flüchtlinge, Anmerkung der Redaktion) zu erfüllen. Es konnten sowohl neue Wohnungen angemietet als auch neue Mitarbeiter gewonnen werden. Viel ehrenamtliches Engagement wurde eingebracht, wofür Elke Dachauer ganz besonders dankbar sei. In der Stadt Überlingen zeige sich eine große städtische Vielfalt, alle Kontinente seien vertreten. Dennoch bliebe gerade auch das Finden von bezahlbaren Wohnungen für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen ein Problem. Die Stadtverwaltung versicherte uns, dass die Stadt, basierend auf den aktuellen Prognosen des Landkreises, gut dastehe. Erstmal klingen die Worte der Stadtverwaltung, "gut dazustehen", im Hinblick auf die Unterbringung von geflüchteten Familien in diesem Zusammenhang optimistisch. Nicht vergessen ist aber in diesem Kontext, dass es eben dieser Stadtverwaltung seit vielen Jahren nicht gelungen ist, eine Alternative mit stadtnahen Wohnungen für die wohnungslosen Frauen, die teilweise seit rund 20 Jahren in Holzbaracken an der Entsorgungsstation Füllenwaid, im Volksmund Mülldeponie oder Schutte genannt, leben, anzubieten. Immer wieder wurde in der Vergangenheit auf fehlenden Wohnraum verwiesen. Die Notunterkunft an der Müllkippe ist längst ein Dauerzustand.

Die Stadt Überlingen muss nach Aussage der Stadtverwaltung in diesem Jahr circa 30 Flüchtlinge aufnehmen, hinzu kommt eine eigene Quote für geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Zurzeit steht Überlingen mit 22 Personen, die aus der Ukraine noch aufgenommen werden müssten, im Soll, das heißt, dass noch 22 Personen aus der Ukraine untergebracht werden müssen. "Der Anteil ukrainischer Flüchtlinge an der Gesamtzahl der in Überlingen unterzubringenden Menschen ist hoch", so die Stadtverwaltung. Auf dem bald zu erschließenden Kramer Areal, stattzeitung.org berichtete am 16. Februar 2023 in "Städtebauvertrag, Blumen und Musensympathie- der Überlinger Gemeinderat vom 8. Februar", sind ebenfalls Flüchtlingsfamilien untergebracht. Auf die Frage, ob es für die bei der Erschließung wegfallenden Wohnungen schon Ersatzlösungen gäbe, antwortete die Pressstelle der Stadtverwaltung, dass es hier Handlungsbedarf gäbe und man alternative Unterbringungen plane, konkrete Projekte oder Lösungen wurden nicht genannt. Oberbürgermeister Jan Zeitler, eben auf diese Frage auf der Einwohnerversammlung am 1. März 2023 im Kursaal in Überlingen angesprochen, betonte, dass die Gebäude auf dem Kramer Areal, in denen die Flüchtlingsfamilien untergebracht seien, nicht sanierungsfähig wären und es stünde fest, dass Ersatz geschaffen werden muss. Großes Ziel sei dabei aber, dass auch für die Anschlussunterbringung genügend Wohnraum auf dem freien Markt vorhanden sein sollte und muss. Die Stadt könne nicht einfach bauen, so Jan Zeitler.

In Lörrach kündigte eine städtische Wohnungsbaugesellschaft langjährigen Mietern ihre Wohnungen, weil diese besonders für Flüchtlinge geeignet seien. Etwa 40 Bewohner sollen aus einem Wohnkomplex ausziehen, um Platz für Flüchtlinge zu schaffen. Von dem städtischen Wohnbau-Unternehmen sollen Mieterinnen und Mietern modernere und bezahlbare Wohnraumangebote unterbreitet werden. Es geht um 30 Wohnungen, es sind hauptsächlich Ein-Personen-Haushalte, Ähnliches hört man aus Berlin. Ulf Lüdecke von Focus online schreibt am 28. Februar 2023, dass ein Vermieter, der zu einer der kirchlichen Einrichtungen der Berliner Diakonie gehöre, 110 Bewohnern eines Altenpflegeheims vorzeitig gekündigt habe, um dort ebenfalls Flüchtlinge unterzubringen. Es ist eine Tatsache, dass in Berlin, wie anderswo, höhere Prämien für die Unterbringung geflüchteter Personen, als beispielsweise für Senioren an die Verwaltungen ausbezahlt werden.

Auf die Frage, ob denn in Überlingen ein zweites Lörrach denkbar sei, ob es seitens der Gemeinde Überlegungen gibt, Mieter zu entmieten oder andere Zwangsmaßnahmen vorzunehmen, um Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu schaffen, antwortete die Stadtverwaltung: "Dieser Vergleich stellt sich nicht."

Elke Dachauer setzt dann auch auf das Prinzip Hoffnung, sie glaubt, dass doch einige der ukrainischen Flüchtlinge bis zum Sommer Überlingen wieder verlassen haben werden, "das Heimweh sei schon sehr stark". Das alles sei ohnehin ein sehr dynamischer Prozess und deshalb ließen sich ganz verlässliche Vorhersagen leider nicht machen, betonte Elke Dachauer in der Gemeinderatssitzung vom 8. Februar. Sorgen hingegen bereiteten Elke Dachauer die fehlenden Räumlichkeiten für Begegnungen, Fortbildungen, Räume für Kinder und dergleichen mehr. Ihr Traum oder Wunsch sei ein Begegnungszentrum. Stadtrat Ingo Wörner (FDP) brachte diesbezüglich Schloss Rauenstein ins Spiel. Dort gäbe es genügend Platz, der auch unmittelbar zur Verfügung stünde. Oberbürgermeister Jan Zeitler machte jedoch sofort klar, dass aufgrund der hohen Energiekosten dies Gebäude nicht infrage käme. Er glaubt, dass genügend Platz vorhanden ist, man müsse nur "alle Möglichkeiten abklopfen". Wichtig sei auch, dass bei der Platzsuche keine Konkurrenz zu den Schulen, von denen einige ebenfalls unter prekären räumlichen Situationen leiden, entstünden. Jan Zeitler betonte, dass das Ziel die "Pflichterfüllung" und die Kostenüberarbeitung der Anschlussunterbringung sei, glaubt aber fest daran, dass es für alle Fragen gute Lösungen geben werde.

Besonders stolz sei Elke Dachauer auf das, von ihr initiierte Projekt "Deutsch To Go", das den Staatsanzeiger Award 2022 in der Sparte Integration gewonnen hat. Der Staatsanzeiger ist eine Wochenzeitung des Landes Baden-Württemberg für Wirtschaft, Politik und Verwaltung und vergibt in fünf verschiedenen Kategogieren den Staatsanzeiger Award. Entstanden sei dies Projekt aufgrund der mangelnden Kontaktmöglichkeiten während der Corona-Zeit. Immer donnerstags treffen sich Menschen, die ihre Deutschkenntnisse verbessern wollen, an der langen Bank am Mantelhafen, mit Einheimischen zu einem Spaziergang in Zweierteams. Nachdem dieses Projekt so erfolgreich installiert werden konnte und auch jetzt noch weiterläuft, gäbe es inzwischen schon Anfragen aus Nachbarregionen, worüber man sich sehr freue, so Jan Zeitler. Auch wenn schon viel erreicht scheint, bleiben doch gerade hinsichtlich der Wohnungssuche und Unterbringungsmöglichkeiten der Flüchtlinge, gerade auch im Hinblick auf den ohnehin schon angespannten Wohnungsmarkt in Überlingen, noch viele Fragen offen und wir dürfen gespannt sein, welche Lösungsmöglichkeiten in nächster Zeit gefunden werden oder gefunden werden müssen.



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