Ad multos annos!

von Uwe Jochum (Kommentare: 0)

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Zum 1. Geburtstag erreichte stattzeitung.org eine "Geburtstagskarte" von unserem sehr geschätzten Gastautor, Dr. Uwe Jochum aus Konstanz. Der Bibliothekar aus "Übersee" gratuliert und wünscht uns viele weitere Jahre. Vor allem skizziert der profunde Kenner der deutschen Medienlandschaft aber auch die Gründe, die zur Gründung des ersten freien Mediums am Bodensee führten, mit einer Reichweite weit, weit über den See hinaus. Herzlichen Dank, lieber Uwe Jochum, für Deine beredten Zeilen- und Deine guten Wünsche. Wir geben unser Bestes, um Dich auch weiterhin nicht zu enttäuschen.


Nicht nur die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Wer in den vergangenen drei Jahren, in denen der Staat seine Bürger mit grundrechtseinschränkenden Maßnahmen überzog, sein Urteil über die virale Lage anhand der Kartellmedien bildete, der konnte gar nicht anders, als die Lage zu verkennen. Denn statt Aufklärung über die von dem Virus ausgehende reale und nicht nur imaginierte Gefahr, statt Aufklärung über die problematische Funktionsweise der neuen genbasierten Injektionstherapie, statt Aufklärung über das gestörte Verhältnis von Grundrechten zu staatlichen Ermächtigungsgesetzen, statt Aufklärung über die zu erwartenden desaströsen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen angesichts eines maßnahmenbedingten Abwürgens aller bürgerlichen Aktivitäten und statt Aufklärung über das erschütternde persönliche Schicksal nicht nur derer, die am Virus erkrankten, sondern auch derer, die durch die genbasierte Injektionstherapie schwer erkrankten und sogar starben - war in den Kartellmedien nur ein Jubelchor von maßnahmenbegeisterten, gentherapiefreundlichen und staatshörigen Zustimmern zu hören.

Je härter die Maßnahmen, je großspuriger der Auftritt eines noch härtere Maßnahmen fordenden Politikers, desto größer die Zustimmung, ohne Wenn und Aber. Wer aber ohne Wenn und Aber durch die Welt zu kommen versucht, der wird alsbald bemerken müssen, dass sein kartellmediengeleitetes Für-wahr-Halten an der einfachen Wirklichkeit scheitert. Die ist nämlich regelmäßig komplexer, als in der Zeitung steht und im Fernsehen verlautbart wird. Sie ist so komplex, dass man lieber noch einmal mit viel Aber und mit noch mehr Wenn darüber nachdenken sollte, was man von der Wirklichkeit eigentlich sieht, wenn man sie nur durch die Brille der Kartellmedien und der Pressemitteilungen der Ministerien und Parteizentralen sieht. Erst wenn man die Komplexität der Wirklichkeit wenigstens erahnen kann, erst wenn man diese Ahnung wenigstens in Ansätzen auf urteilsfähige Begriffe bringen kann, besteht die Chance, sich auch wirklichkeitsadäquat verhalten zu können. Andernfalls droht das, was der österreichische Schriftsteller Heimito von Doderer einmal "Apperzeptionsverweigerung" nannte – die Verweigerung der Wirklichkeitswahrnehmung, mit der Folge, an der Wirklichkeit vorbeizuhandeln und schließlich zu scheitern.

Das ist die Lage. Es ist die Lage nicht nur unseres Landes nach drei Maßnahmenjahren, in denen die Apperzeptionsverweigerung zum staatlichen Programm erhoben und, wie von Woche zu Woche deutlicher wird, die Gesellschaft in den Ruin getrieben wurde und wird. Dass wir das überhaupt wahrnehmen können, dass wir über all diese Dinge uns ein eigenes Urteil überhaupt noch bilden können, ist weder das Verdienst des Staates noch der staatstragenden Kartellparteien und der ebenso staatstragenden Kartellmedien. Es ist das Verdienst jener mutigen Männer und Frauen, die sich der Wirklichkeit gestellt und der Apperzeptionsverweigerung verweigert haben und dafür den Preis der öffentlichen Ächtung gezahlt haben. Und es ist das Verdienst jener mutigen Medien, die das von den Kartellmedien Verschwiegene laut zu sagen wagten und dafür mit dem Etikett "Schwurbelmedien" bedacht wurden.

Zu diesen mutigen Medien gehört auch die stattzeitung. Sie versorgt seit nunmehr einem Jahr ihre Leser mit Berichten aus der Wirklichkeit, die immer anders ist, als man denkt, weshalb es guter journalistischer Brauch ist, dieses Andere der Wirklichkeit auch sichtbar zu machen. Die Kartellmedien wollen davon nichts mehr wissen; Stef Manzini, die Chefredakteurin der stattzeitung aber schon: Sie zitiert auf ihrer Website explizit die Journalistenlegende Hanns Joachim Friedrich mit dem Satz: "Mache dich nie mit einer Sache gemein, auch nicht mit einer guten." Und in der Lage, in der wir sind, muss man hinzufügen: "Mache dich erst recht nicht mit einer guten Sache gemein, wenn die Regierung und alle anderen Medien dieses Gute für sich reklamieren." Denn dann ist äußerste Vorsicht geboten und ein Höchstmaß an kritischer Distanz zu all jenen vermeintlich Guten, die nichts dabei finden, um ihres Guten willen alles andere und alle anderen für böse zu erklären.

Seit einem Jahr also haben nicht nur die Bodenseeanrainer die Möglichkeit, dank der stattzeitung wieder Wirklichkeit wahrnehmen und Wahrheit sehen zu können. Denn im Zeitalter des Internets ist die Reichweite eines Mediums im Prinzip längst global, und so wundert es nicht, dass die stattzeitung aus der beschaulichen Überlinger Provinz in die Welt wirkt: Sie hat in einem Jahr nicht nur über 300 Artikel produziert, ohne großes Redaktionsteam, ohne die komfortable Finanzausstattung durch vom Bürger zu erbringende Zwangsgebühren; sondern sie hat mit diesen 300 Artikeln auch runde 180.000 Zugriffe im Internet generiert, und das ist ein Wort. Denn sollte die alte Daumenregel zutreffen, dass eine verkaufte Zeitung vier Leser erreicht, dann dürften Stef Manzini und ihr Team in einem Jahr optimistisch gerundet etwa 800.000 Leser gefunden haben.

Dass das erst ein Anfang ist, muss jedem klar sein, der die alternativmediale Szene und die politischen Antworten auf diese Szene beobachtet: In rasendem Tempo haben sich Publikationsorgane etabliert, die der herrschenden Kartelldenke und ihrer Schweigespirale sich entgegenstellen, von der Achse des Guten, über Tichys Einblick und Reitschuster bis hin zu den Nachdenkseiten und eben auch der stattzeitung, die alle zusammen in ihren Abrufzahlen die einst fest im Sattel sitzenden Kartellmedien längst übertroffen haben. Wo daher den alteingesessenen Lokal-, Regional- und Nationalzeitungen die Leser in Scharen davonlaufen - 1995 wurden noch rund 30 Millionen Zeitungsexemplare am Tag verkauft, heuer sind es nur noch rund 14 Millionen -, tauchen sie in den alternativen Medien wieder auf und sorgen für rasant steigende Nutzungszahlen. Angesichts dieser Entwicklung ist jeder Versuch vonseiten des Staates, die Ausbreitung dieser Medien durch Auflagen und Framing zu verhindern oder doch wenigstens zu beschränken, zum Scheitern verurteilt. Sie sind gekommen, um zu bleiben.

Sie bleiben, weil sie ihren Lesern etwas zur realen Lage zu sagen haben: Mit wachem Sinn wahrgenommen, mit Verstand analysiert und mit Vernunft reflektiert und nicht zuletzt mit Herzblut geschrieben. Und weil das so ist, spiegelt die stattzeitung nicht nur die Lage am Bodensee, sondern spiegelt in der Lage am Bodensee die große Lage unseres Landes, wenn nicht gar die Lage der Welt. Das wirkt, eben weil es nicht ideologisch verbogen, sondern realitätsgesättigt ist.

Ein Jahr Wirklichkeit und Wahrheit ist freilich nicht genug. Denn beides, Wahrheit und Wirklichkeit, stammt aus der Ewigkeit. Auf sie geht zu, auch als Journalist, wer offenbleibt für das, was ist. Dass man das kann, hat die stattzeitung nun ein ganzes Jahr lang bewiesen. Und sie wird es auch in Zukunft beweisen, da bin ich mir sicher. In diesem Sinn gilt dem Geburtstagskind der alte Gruß: Ad multos annos!

Dr. Uwe Jochum, 1959 in Heidelberg geboren, ist ein deutscher Bibliothekar. Er studierte Germanistik und Politikwissenschaft in Heidelberg und wurde 1987 an der Universität Düsseldorf promoviert. Das Bibliotheksreferendariat absolvierte er von 1987 an der Universitätsbibliothek Heidelberg und an der Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen in Köln. Seit 1988 arbeitet er als wissenschaftlicher Bibliothekar. Er ist Fachreferent für allgemeine Literaturwissenschaft, Anglistik, Amerikanistik, Germanistik, Musik, Philosophie und Theologie der Universitätsbibliothek in Konstanz. (Quelle: Wikipedia)



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