In dubio pro reo!

von Stef Manzini (Kommentare: 1)

Meinung

Im Zweifel für den Angeklagten wurde in einer schwarzen Stunde der deutschen Justiz zu einem im Zweifel gegen den Angeklagten. Die Richterin am Sigmaringer Amtsgericht war offensichtlich klar überfordert im gestrigen Prozess gegen den „Kreuzträger“ Udo Schulz. Oder sollte man ihr Obrigkeitshörigkeit unterstellen? Wollte sie einen möglichen Besuch beim Landesvater, der maßgeblich für die Corona-Politik verantwortlich ist, unterstellen und bestrafen? Wie auch immer das eklatant falsche Urteil zustande kam, es ist ein Skandal! Entweder der Angeklagte hat die nicht genehmigte Demonstration organisiert und angeführt, oder eben nicht. Da kein zweifelsfreier Beweis für die ihm zur Last gelegte Straftat erbracht wurde, hätte das Gericht lediglich eine Ordnungswidrigkeit wegen Teilnahme aussprechen dürfen. Den zufälligen „Besuch“ bei der Veranstaltung, da er eigentlich mit dem Kreuz zu seinem Vater wollte, kann man Schulz abkaufen, oder nicht. Wenn überhaupt, wäre es daher angemessen gewesen ihm allenfalls die Ordnungswidrigkeit zur Last zu legen. Diese Brücke versuchte Schulz´ Verteidiger Tomislav Duzel zu bauen, damit hätte die Richterin Selig gesichtswahrend aus der Verhandlung gehen können. Die interessante Frage, warum denn die zahlenmäßig stark vertretene Polizei, die nicht genehmigte Demonstration in Sigmaringen-Laiz nicht einfach aufgelöst hat, wurde am Montag, dem 30. Mai 2022 nicht beantwortet. Natürlich entsteht durch den Polizeieinsatz, mit abgesperrten Straßen und dem Polizei-Geleit in eine bestimmte Richtung für jeden Beobachter der Eindruck, diese Veranstaltung sei angemeldet, und laufe de fakto unter Polizei-Kontrolle ab.

Nun muss Udo Schulz jedoch nicht nur 30.000 Euro blechen, er ist jetzt vorbestraft. Das wiegt für den „Kreuzträger“ viel schlimmer und er versteht zu Recht die (juristische) Welt nicht mehr. Natürlich darf ein Staatsanwalt sein Missfallen über einen „Aufmarsch“ in der Nähe eines Politikers äußern. Urteilsgebend kann dieses Missfallen jedoch nicht sein, da die Organisation dem jetzt Verurteilten nicht zur Last gelegt werden kann. Ob es uns gefällt, dass in der Vergangenheit „Fackelträger“ in Mecklenburg-Vorpommern vor das Haus der dortigen Ministerpräsidentin gezogen sind, oder nicht. Für den vorliegenden und in Sigmaringen zu verhandelnden Fall darf das keine Bedeutung haben. Dort kamen die Protestierer (am helllichten Nachmittag) ja noch nicht einmal in die Nähe von Kretschmanns Haus.

Richterin Selig, die durch ihre Urteilsbegründung holperte und stolperte, und Sätze sagte wie „das Gefahrenpotential war hoch, obwohl alles friedlich war“ konnte damit niemanden im Gericht überzeugen. Ein „hirnverbrannter Landesvater“ ist für Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Beiter eine große Sache, eine Beleidigung des obersten Beamten im Ländle. Darüber kann er sich aufregen, diese Bemerkung im Telegram-Chat stammt jedoch nachweislich nicht von Udo Schulz- und muss daher ebenfalls ohne Belang für den gestrigen Prozess sein. Der erboste Staatsanwalt bezichtigte in seiner Anklageverlesung den „Standartenträger“ wie er Schulz nannte eine „Antihaltung gegen das System“ zu haben. Die Gesinnung des Angeklagten, möge sie so sein oder nicht, wurde aber nicht verhandelt- ist in diesem Land (noch) nicht verhandelbar. Die „Corona-Protestler“ sind ein gewiss „gäriger“ Haufen, das zeigte sich auch im Verhalten des Zeugen Olaf Sch., den die Richterin aufgrund seiner Zwischenworte mehrfach zur Ordnung rufen musste. Der Gemaßregelte grinste diese Autorität jedoch einfach weg. Unfassbar für Beiter und Selig, aber nochmal- für das Urteil gegen den „Kreuzträger“ muss auch das ohne Auswirkung bleiben.

Für das Fehl-Urteil das Udo Schulz nun ausbaden muss gibt es einen zwingenden Grund: Autorität. Das ist doch ganz klar das eigentliche Problem zwischen dem Staat, hier vertreten durch das Gericht, und dem Beklagten und seinen Sympathisanten. Nach diesem Urteil entsteht jedoch zusätzlich der schlimme Eindruck, dass eine junge verbeamtete Richterin, nach Steilvorlage des Staatsanwalts, sich ihre Karrierechancen im „Ländle“ nicht mit einem Freispruch verbauen wollte. Dieser Eindruck ist fatal.

Bleibt für Udo Schulz zu hoffen, dass sein prozesserfahrener Verteidiger aus Konstanz mit seiner Berufung Erfolg hat, und ein höheres Gericht das Fehlurteil kassiert. Purer Optimismus mag sich aber bei dem Betrachter des gestrigen Schauspiels nicht einstellen. Eher ein, im Hinblick auf das Recht was ein Gericht sprechen sollte (wie schon so oft) mulmiges Gefühl, dass sich leider Tag für Tag verstärkt.


Zum Kommentar der Bericht von stattzeitung über das Gerichtsurteil am Sigmaringer Amtsgericht (Kreuzträgerprozess - ein politisches Urteil).



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Kommentare

Kommentar von Rudolf Graf |

Vor Jahren wurde mein Scheidungs-/Kinderunterhalt in Sigmaringen verhandelt. Der dortige Richter konnte Brutto-/Netto-Einkommen nicht unterscheiden und hat dort Berechnung und Urteil nach dem Brutto erlassen. Dadurch sollte ich monatlich mehr Unterhalt bezahlen, wie ich netto überhaupt erhalten habe. Ich konnte es erst vor dem Gericht in Stuttgart revidieren.

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