Jetzt Bundestagsentscheidung zur Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine?

von Stef Manzini (Kommentare: 1)

Bild: Stef Manzini
Krieg & Frieden

Interviewfragen an Volker Mayer-Lay von der CDU

  • Gibt es jetzt eine Gewissensabstimmung wie zur Impfpflicht?
  • Fragen an den Bundestagsabgeordneten der CDU Volker Mayer-Lay.
  • „Ochsegschwätz“ am Gründonnerstag zum „Sachstand Ukraine“.

Am Freitag, dem 22. April 2022, verkündete CDU-Vizefraktionschef Johann Wadephul im ZDF-Morgenmagazin, dass die CDU/CSU einen Antrag auf Bundestagsentscheidung zur Lieferung sogenannter schwerer Waffen an die Ukraine stellen wird. Am gleichen Tag um 11 Uhr meldeten „Die Zeit“ und „Die Welt“ das Vorpreschen der Union, um Bewegung in die Sache zu kriegen. Laut CDU/CSU gebe es eine klare parlamentarische Mehrheit im Bundestag für die Lieferung dieser Waffen, der sich auch die Mehrheit von Bündnis 90-die Grünen und FDP anschließen würde.

Bereits einen Tag zuvor, also am Donnerstag, dem 21. April 2022, um 12 Uhr stellte stattzeitung.org schon diesbezügliche Fragen an den CDU-Bundestagsabgeordneten Volker Mayer-Lay. Hellseherei? Nein. Politikverstehen? Ja.

stattzeitung.org ging davon aus, dass die CDU/CSU Opposition der Versuchung, den kommunikativ schwachen Bundeskanzler Scholz zu beschädigen, nicht lange würde widerstehen können. Zumal sich die Union in der Frage der Waffenlieferung an die Ukraine auch der Zustimmung von großen Teilen des regierenden Bündnis 90-die Grünen und der FDP versichert sehen kann.

Merkwürdige Koalitionen quer durch Regierung und Opposition gibt es in der Frage, ob die Bundesregierung jetzt schwere Waffen, darunter verstehen die Akteure dieser Diskussion den Kampfpanzer Leopard oder den Schützenpanzer Marder und Flugabwehrraketensysteme, an die Ukraine liefern soll. Kanzler Scholz und große Teile der SPD im Verbund mit der AfD begründen ihre Ablehnung mit dem Hauptargument, sich nicht in eine direkte Konfrontation mit Russland - und damit in einen möglichen 3. Weltkrieg - ziehen lassen zu wollen. Bundeskanzler Olaf Scholz fühlt sich, so seine Begründung für seine Zurückhaltung, in erster Linie dem Schutz der deutschen Bevölkerung verpflichtet und das ist er auch, denn darauf hat er einen Amtseid geschworen. Die Befürworter einer „schweren Waffenlieferung“, vertreten zum Beispiel durch Anton Hofreiter und Marieluise Beck (Grüne), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Thomas Roth (SPD) und große Teile der Union, behaupten das Gegenteil. Ihre Argumentation lautet, nur eine schnelle Lieferung schwerer Waffensysteme schütze die Bevölkerung in der Ukraine und beende den Krieg. Man wolle Putin nicht weitermachen lassen und kein Signal geben auch in Richtung weiterer osteuropäischen Länder und den Balkan zu marschieren. Bringen nun die „schweren Waffen“ den von allen politischen Akteuren beteuerten Wunsch nach Frieden, oder bringen sie den 3. Weltkrieg? Da niemand eine Glaskugel besitzt erscheint Scholz Zögern angesichts dieses Risikos verständlich.

Wird die Freiheit Europas, jetzt also nicht mehr in Afghanistan wie wir ja schon wissen, sondern in der Ukraine entschieden? Dies behauptet Volker Mayer-Lay, und hat eine sehr klare Haltung zu diesem Thema.

Volker Mayer-Lay (VML) zur Lieferung „schwerer Waffen“ in das Kriegsgebiet, oder dem sofortigen Stopp und zur Vermittlung Angela Merkels im Ukraine-Krieg:

s!!z: Herr Mayer-Lay, Sie sind Bundestagsabgeordneter für unseren Wahlkreis - wenn morgen eine Bundestagsabstimmung zu folgenden Fragen wäre, wie würden Sie sich entscheiden. Soll es eine direkte Lieferung sogenannter schwerer Waffen wie Panzer und so weiter von Deutschland an die Ukraine geben?

VML: „Ich bin der Meinung, dass auf den Schlachtfeldern der Ukraine auch die Freiheit und die Demokratie ganz Europas verteidigt wird. Nach den entsetzlichen Gräueltaten an Zivilisten ist es gar in Teilen ein Krieg gegen die Unmenschlichkeit geworden. Ich selbst stehe einem Beitrag zur Eskalation durch den Westen immer kritisch gegenüber. Daher ist auch bei der Lieferung von schweren Waffen das erste Augenmerk auf Verteidigungswaffen zu setzen. Insgesamt zeigt sich die Situation derzeit aber so, dass die Lieferung von schweren Waffen, die durch unsere Europäischen Partner bereits in die Tat umgesetzt wird, auch für Deutschland kein Tabu mehr sein kann. Deutschland gibt kein gutes Bild ab, indem es der Weltgemeinschaft in solch wichtigen Fragen weitestgehend "hinterherhinkt". Bei allem, was getan wird, ist aber immer darauf zu achten, von unserer Seite nicht eine Ausweitung des Konfliktes über die Ukraine hinaus herbeizuführen.“

s!!z: Soll die NATO unter Beteiligung der Bundeswehr eine Schließung des Luftraumes über der Ukraine durchführen?

VML: „Nein! Eine Schließung des Luftraums müsste kontrolliert werden. Auf die absehbare Nichteinhaltung durch russische Kräfte wäre dann mit Abschüssen und Luftkampf unsererseits zu reagieren. Das wäre ein Bruch mit unserer bisherigen Doktrin, sich nicht direkt in den Kampf einzuschalten und könnte eine Ausweitung des Konflikts auf die NATO nach sich führen.“

s!!z: Soll die Bundesregierung einen sofortigen Stopp aller militärischen Maßnahmen wie beispielsweise Rüstungslieferungen und -gelder mit der Maßgabe „erst Waffenstillstandsverhandlungen“  beschließen?

VML: „Ein solcher Stopp würde nur die Ukraine treffen und damit den militärischen Erfolg Russlands fördern. Ich hielte diesen Weg daher für völlig aussichtslos. Wir haben erkennen müssen, dass Vladimir Putin keine Verhandlungen anstrebt, sondern einen militärischen Sieg. Er versteht nur die Sprache der Stärke. Verhandlungsangebote an die Ukraine gibt es derzeit nicht, sondern lediglich Maximalforderungen aus Moskau.“

s!!z: Christian Mölling, Militärexperte und Berater der Bundesregierung, sagte in dieser Woche, seiner Meinung nach stehe uns die größte Schlacht des Krieges noch bevor.
Weiterhin vertritt Mölling die These, dass es einen Frieden - wie wir ihn kennen - gar nicht mehr geben wird, das heißt nach den Waffen kommen der Wirtschaftskrieg, Cyberattacken, weitere Tote im Berliner Tiergarten ... und es wird weiterhin sehr teuer für uns werden. Also Abschied vom Frieden und bekannten Wohlstand.
Was sagen Sie zu diesen Aussagen?

VML: „Herr Mölling hat in vielen Teilen seiner Aussagen recht. Wir fallen derzeit tief in die Zeiten des "Kalten Krieges" zurück, wobei der Krieg als Wirtschaftskrieg und Cyberkrieg auf absehbare Zeit "heißer" als in diesen Zeiten sein wird. Auch ich habe die Befürchtung, dass die besten Zeiten unseres bekannten Wohlstandes vorerst vorbei sein könnten. Im weitesten Sinne wird dieser Verlust eines Teils unseres Wohlstandes auch der Preis für die Freiheit sein.“

s!!z:  Was hielten Sie davon, wenn Angela Merkel sich als Vermittlerin einbringt? Viele Menschen wünschen sich das und verstehen die Zurückhaltung der ehemaligen Bundeskanzlerin nicht.

VML: „Dr. Angela Merkel ist nicht mehr Bundeskanzlerin. Die Aufgabe, Europa als Kanzler des bevölkerungsreichsten Landes und der stärksten Industrienation der EU anzuleiten, hätte nun Olaf Scholz inne. Leider kommt er diesem Führungsanspruch nicht nach. Ich befürchte, dass auch Dr. Angela Merkel bei Vladimir Putin nicht durchdringen würde. Sich selbst ins Spiel zu bringen, wäre nicht angemessen. Würde sie von beiden Seiten dazu gerufen werden, würde sie sich dem aber sicher nicht widersetzen.“


„Ochsegschwätz“ am Gründonnerstag zum „Sachstand Ukraine“

  • „Die Freiheit Europas wird in der Ukraine entschieden“, Zitat: Volker Mayer-Lay.
  • Klare Haltung des CDU-Politikers zum Krieg in der Ukraine.
  • Keine Gefährdung der Bodenseeregion, so der Abgeordnete.

Am vergangenen Gründonnerstag veranstaltete die CDU-Überlingen wieder ihr politisches „Ochsegschwätz“. Vor rund 30 interessierten Zuhörern informierte der Überlinger Volker Mayer-Lay, Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Bodensee, zum „Sachstand Ukraine“. Mayer-Lay erläuterte die politische Situation der Ukraine und bezeichnete das angeblich vom „Westen“ gegebene Versprechen an Russland - keine Osterweiterung der NATO - dabei als Mythos. Bei den Kampfhandlungen seit 2014 im Donbass seien Russen und Ukrainer nicht „zimperlich“ gewesen, sagte der Bundestagsabgeordnete. In dieser Region gibt es seit 2013/14 über 13 000 Tote, davon nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisationen 10 000 Zivilisten. Den russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin bezeichnete der Volljurist Mayer-Lay aufgrund der aktuellen Situation des Krieges in der Ukraine als Kriegsverbrecher. Behauptungen, in der Ukraine gebe es Neonazis, wies der Abgeordnete mit dem Verweis auf einen „jüdischen Präsidenten“ zurück.

Die Frage von stattzeitung.org nach einer erhöhten Gefahr für die Menschen in der Bodenseeregion bei einem übergreifenden Kriegsgeschehen, aufgrund der über 40 ansässigen Rüstungsbetriebe und -zulieferer, beantwortete der Bundestagsabgeordnete mit einem klaren „Nein“. Auch die Frage nach einer Gefährdung des größten Trinkwasserspeichers Europas, dem Bodensee, verneinte Mayer Lay. „Es gibt hier keine höhere Gefährdungslage als anderswo, und bei einem Atomkrieg sind wir eh alle hops“, sagte der Politiker.


Lesen Sie hierzu auch den Artikel Die Ukraine, worum geht´s? auf stattzeitung.



Begleiten und unterstützen SIE bitte wohlwollend unsere „unabhängige Schreibe“. Journalistische Arbeit hat ihren Wert und einen Preis, daher freue ich mich besonders das dennoch NIEMAND bei stattzeitung.org vor einer Bezahlschranke landet! Unsere Information soll für JEDE und JEDEN gleichermaßen zugänglich sein. Wir tun dies im Vertrauen darauf, breit getragen zu werden.

Spenden Sie bitte per Überweisung:
IBAN: DE03690618000005388201
BIC: GENODE61UBE
Bank: Volksbank Überlingen e.G.
Kontoinhaber: Stef Manzini
Verwendungszweck: „Schenkung“

Oder per PayPal:


Oder per Patenschaft:
Patenschaft

Danke!


Zurück

Kommentare

Kommentar von Achim Brade |

Um es kurz und knapp zu formulieren: Die Lieferung sog. schwerer Waffen - angeblich zur Verteidigung - oder Waffen überhaupt ist das so ziemlich Verächtlichste, das ich mir vorstellen kann. So werden keine Konflikte gelöst, und schon gar keine, die sich der Westen einschließlich NATO selbst eingebrockt haben.
Ausgerechnet Deutschland, ein Land, dem auch knapp 80 Jahre nach dem 2. Weltkrieg immer noch der schwarze Peter zugeschoben wird, ein Land, das sich seit 80 Jahren formal immer noch im Krieg befindet - genau dieses Land ist sich nicht zu schade dafür, sich wieder mutwillig an Kriegshandlungen zu beteiligen. Nein. Dieses Land ist nicht mehr mein Land - schon lange nicht und jetzt erst recht nicht mehr.

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 2 und 3.

Der abgeschickte Kommentar wird vom Autor nach Prüfung veröffentlicht und gegebenenfalls beantwortet. Dies kann, je nach vorhandenen Ressourcen, einige Zeit dauern. Wir bitten um Verständnis, dass wir nur Kommentare mit Angabe des vollständigen Vor- und Nachnamen veröffentlichen werden.