Von Querdenker-Demos hin zu Kundgebungen für unsere Grundrechte

von Eloas Min Barden (Kommentare: 2)

Bild: Stef Manzini
Gastbeitrag

Als Mensch, Künstler und Zeitzeuge war es mir von jeher wichtig, Informationen nicht aus zweiter Hand zu beziehen, sondern direkt vor Ort mit den entsprechenden Menschen und Verhältnissen bekannt und vertraut zu werden. Erst dadurch wird es mir möglich, eine eigene Einschätzung eines Sachverhaltes zu bekommen und von einer bloßen Meinung zu einem Verständnis zu kommen. So entschied ich mich im April 2020 nach wiederholten Einladungen auf den Grundrechte-Demos zu spielen. Auch war es mir ein echtes Anliegen, als Musiker gerade in dieser Zeit tätig zu sein, wo andere Künstler unter regelrechtem Sprachverlust litten. Da Menschen sich aber an der Kunst aufrichten können, gerade in Zeiten des Niedergedrückt-Seins, war es für mich gar keine Frage, sondern eher ein Abwägen, wo und wann und in welcher Form ich mich äußern würde.

Also entschied ich mich, zunächst für die Menschen zu spielen, die ich aus bisherigen Zusammenhängen kannte und denen es ein Anliegen war, in einer Zeit des Verlustes jedweder Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen an Menschenrechte und Grundrechte zu appellieren. Bald wurde man auch bei den „Querdenkern“ auf mich aufmerksam, und ich erhielt wiederholt Einladungen, bei Großdemos in verschiedenen Städten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz zu spielen. Ich nahm das gerne an, um mir ein eigenes Bild von dieser Bewegung zu verschaffen.

Denn am besten kann man Menschen hinter der Bühne kennen lernen, und so konnte ich erkennen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt bei den großen Protagonisten der Querdenker-Szene. Gleichzeitig bin ich ja als Liedermacher und Barde nicht wegen der Veranstalter auf die Bühne gestiegen, sondern um viele Menschen mit meinen Liedern zu erreichen, ihnen Mut, Trost und Freude zu vermitteln in einer Zeit, wo für viele alles auf dem Spiel stand.  Auf diese Weise erlebte ich direkte Begegnung mit Menschen als Publikum, die anderntags als rechte Verschwörungs-Ideologen in den Medien bezeichnet wurden. Vor Ort habe ich allerdings Unternehmer, Ärzte, Pflegekräfte, Lehrer, Künstler, Landwirte, Politiker aller Parteien, besorgte Mütter und Väter, Kinder und Jugendliche aus der Mitte der Gesellschaft wahrgenommen. Ja, es waren auch Menschen dabei, die mir mit ihren Sichtweisen zu extrem waren, aber der Großteil spiegelte mein bisheriges Publikum wider.

Der Umgang bei den Haupt-Veranstaltern von „Querdenken“ erinnerte mich hingegen sehr an die Art, wie ich es von großen kommerziellen Festivals her kannte, auf denen ich in der Vergangenheit gespielt hatte: Ich war dort eine künstlerische Ware, die - für mich immer schon befremdlich - künstlich gehypt wurde und wenn sie nicht mehr funktioniert, einfach abgesetzt wird. Man hat uns gebraucht, vielleicht auch einfach als Künstler missbraucht; aber da meine Botschaft einfach und unmissverständlich war, konnte ich damit umgehen und, nachdem ich die Nase voll hatte, diesen kommerziellen Großveranstaltungen einfach wieder den Rücken kehren - und von da an die eigentlichen Bürgerbewegungen unterstützen: die Grundrechte-Demos, organisiert von Bürgern für Bürger. Bürgerbewegungen haben sich „Querdenken“ angeschlossen, um dadurch professionelle Werbung für ihre Veranstaltungen zu bekommen und wurden unter Querdenker-Banner geführt, obgleich sie mit den Hintergründen von Querdenken nicht vertraut waren.

Die vielen menschlichen Begegnungen waren für mich von großer Wichtigkeit. Ich habe sehr viel gelernt in dieser Zeit und vor allem, dass die Medien bewusst Lügen verbreitet haben über die Besucher der Veranstaltungen. Beispielsweise gab es keine radikalen Ausschreitungen, weder von „Rechts“ noch von „Links“, in Berlin am 1. und am 29. August 2020 auf der Straße des 17. Juni, sondern einen überraschend übereinstimmenden friedlichen Konsens. Der ging so weit, dass nach Abbruch der Veranstaltung von Seiten des Berliner Senats am 1. August die Menschen über Stunden in Stille am Ort verharrten und ein fast heiliger Frieden aufkam, so dass die Polizisten ihre Helme abnahmen und einige von ihnen mit starker Rührung und Tränenfluss zu kämpfen hatten. Das sind Fakten, die in den Medien keine Erwähnung fanden - ganz im Gegenteil, es wurden sogar Bilder verwendet von einer ganz anderen Demo mit anderen Veranstaltern vor dem Reichstag, wo es zu Ausschreitungen gekommen war, um damit die internationale Großdemo am 29. August auf der Straße des 17. Juni in ein unliebsames Licht zu rücken. So etwas passiert nicht aus Versehen, sondern das ist Propaganda. Man wollte die Demonstranten als Rechtsradikale abstempeln. Im Kleinen passiert das ja auch hier im Ländle, wenn eine Zeitung über die friedlichen Demonstranten schreibt, sie hätten „Pegida-ähnliche Parolen“ skandiert. Das geschieht bewusst, um Leute davon abzuhalten, sich den Demonstranten anzuschließen.

Dennoch war es mir als jemandem, der für „Querdenken“ gespielt hat, wichtig, nicht als Querdenker zu gelten. Und zwar mit derselben Begründung, wie ich es ablehne, als Kriegswaffenfanatiker zu gelten, nur weil ich zum 50. Geburtstag für Herrn Diehl, einen Überlinger Waffenproduzenten, ein Konzert gespielt habe.  Mir persönlich ist es wichtig, als freier Künstler nicht vor irgendeinen Karren gespannt zu werden und mich am Ende für Werte erklären zu müssen, die ich vielleicht in mancher Hinsicht gar nicht teile.

In einer Demokratie halte ich es aber schlichtweg für falsch, mich ständig von irgend etwas oder jemandem distanzieren zu sollen. Ich nehme vor Ort Sachverhalte wahr, um sie nachher möglichst unverfälscht wiederzugeben. Große Barden der Vergangenheit wie Schiller oder Goethe haben auf diese Weise ihre Zeitzeugnisse niedergelegt. Ich sehe mich daher im Zeitgeschehen auf einer Ebene mit Journalisten.

Immer wieder versuchen die etablierten Medien, uns Künstler, die wir in dieser Zeit sichtbar wurden, in ein bestimmtes Licht zu rücken. Mir ist bewusst, dass der Meinungskorridor der großen Medienhäuser in vielfacher Hinsicht extrem eng geworden ist, so dass ich mich dort mit meinem vielfältigen, weltoffenen Blick nicht mehr vertreten fühle. Als Künstler, aber auch als Mensch, lasse ich mir diese Unvoreingenommenheit jedoch nicht nehmen, und es ist eine Beleidigung für meine Sinne, wenn man bewusst Lüge und Wahrheit so verknüpft, dass am Ende eine Halbwahrheit herauskommt, die Menschen in einem äußerst ungünstigen Licht dastehen lässt und sie auf diese Weise öffentlich geächtet werden.

Das zu durchschauen braucht die Fähigkeit des Hinterfragens, um Berührungsängste in Bezug auf bestimmte mit Reizworten aufgeladene Themen wie „Verschwörungstheoretiker“ oder „Rechts“ etc. zu überwinden und sich in Unvoreingenommenheit dem Fremden zu nähern. Dies gilt für alle Aspekte des menschlichen Lebens und wird sowohl in der Corona-Berichterstattung als auch aktuell in der Russland-Berichterstattung wieder erneut auf die Probe gestellt.

Der unbedingte Wunsch muss die unvoreingenommene Wahrheitsfindung sein - und nicht eine Identifizierung mit einer Zementierung des eigenen bisherigen Weltbildes.

Sich einander zuwenden und hinhören statt weghören und ignorieren ist das Gebot der Stunde. Das ist bewusste Friedensarbeit und kann in einer Zeit der Spaltung die Gräben wieder schließen helfen, die sich abgrundtief zwischen uns aufgetan haben. Als Musiker verstehe ich mich als Brückenbauer und freue mich, dass ich die Gelegenheit habe, dieses mutige und ermutigende Projekt von Stef Manzini - die stattzeitung.org - mit ein paar Zeilen zu unterstützen. Ich wünsche stattzeitung.org viel Erfolg, so dass es irgendwann auch eine Printausgabe geben wird, die sich zu allen gesellschaftlichen Themen äußert und selbstbewusst neben andere Blätter rund um den Bodensee stellen kann.



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(eingetragener Künstlername)


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Kommentare

Kommentar von Silvia Schmid |

Danke lieber Eloas, für diesen schönen Beitrag, du sprichst mir aus dem Herzen. Danke auch für deine Unterstützung bei den Demos durch deine berührenden Lieder. Liebe Grüße und dir eine gute Zeit. S. Schmid

Kommentar von Jane Dimitrov |

Lieber Eloas, so gut und differenziert geschrieben, es bringt alles auf den Punkt. Genauso empfinde ich es auch - und um diese Werte sollte es (wieder) gehen.

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